Das Foto entstand vor gut einem Jahrzehnt. Es zeigt die Haupthalle eines Betriebes, der seit fast 30Jahren ein Lost Place ist. Der marode Schlachthof in Halle hat im Laufe der Zeit schon viele Urbexer angezogen. Und natürlich auch zahllose Graffiti-Jünger. Sie haben ihre bunten Visitenkarten an den Wänden in der Industriebrache im Osten der Saalestadt hinterlassen.
Haupthalle ohne Tore
Es ist ziemlich kalt an diesem Wintertag. In der Nacht hat es geschneit. Leicht zwar nur. Doch immerhin so viel, dass eine fingerdicke Schneedecke am Morgen den Boden bedeckt. Das alte Backsteingebäude bildet einen effektvollen Kontrast zum unberührten Weiß ringsum. Tore hat der imposante Ziegelbau gleich neben dem Haupteingang längst nicht mehr. Nur drei hohe, nach oben in Bögen auslaufende Öffnungen gähnen dem Betrachter entgegen. Eine ganz breite und hohe in der Mitte. Und je eine schmale und geringfügig kleinere links und rechts davon. Und am anderen Ende der Halle dasselbe Bild. Das Gebäude ist an beiden Seiten offen wie das sprichwörtliche Scheunentor. Das also ist er, der marode Schlachthof in Halle.
Nicht weit vom Hauptbahnhof der Saalestadt, auf dem früheren Rittergut Freiimfelde, wurde 1893 der Hallesche Vieh- und Schlachthof eröffnet. Mit vier massiven Markthallen. In den 30er Jahren wurde das Gelände in Halles Osten erweitert. Auf einer Fläche von rund 66.000 Quadratmetern ordneten sich nun Kühlhäuser, Verwaltungsgebäude, Schlachthäuser und Heizhaus. In der DDR firmierte das Unternehmen als VEB Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb Halle, in dem in Spitzenzeiten mehr als 1.000 Menschen arbeiteten. Bis nach genau 100 Jahren der Betrieb seine Produktion für immer einstellte. Nun ist der hallesche Schlachthof ein Lost Place. Für seine Umwidmung gab es ehrgeizige Pläne. Doch keiner wurde, obwohl immer mal wieder der Eigentümer wechselte, verwirklicht. Weder ein Wohngebiet entstand auf dem weitläufigen Gelände, noch ein Shoppingcenter. Auch der Plan, hier ein Messegelände zu errichten, wurde ad acta gelegt.
Farbe kontra Verfall
Und so verfällt die einst stolze Industriearchitektur. Sie scheint für die im Umfeld Wohnenden unsichtbar. Nur ab und an gerät der Schlachthof zurück in die öffentliche Wahrnehmung. Dann nämlich, wenn die Feuerwehren wieder mal zu Bränden im Objekt ausrücken müssen. Danach wird es erneut still. Nur der eine oder andere Freizeitkünstler verschafft sich illegalen Zutritt zum Gelände und versucht, die noch vorhandenen Gebäude nach seinem Gusto aufzuhübschen.
Optik im steten Wandel
30 Jahre Leerstand, da gab und gibt es mit der Zeit in der Industriebrache allerhand zu kritzeln, zu sprühen und anzustreichen. Unzählige Besucher haben im Schlachthof ihre bunten Visitenkarten hinterlassen. Erst waren nur vereinzelte Bildchen und Schriftzüge an den Wänden der Haupthalle und in den anderen Gebäuden zu sehen. Dann rückten Sprayer auch den Fassaden zu Leibe. Schufen Neues oder überpinselten das Vorhandene. So unterliegt die Optik der Gebäude ständigem Wandel. Was gestern noch zu sehen war, ist morgen überpinselt, verändert, zerstört. Oder eben verbrannt und eingestürzt.
Arbeitsstiefel und Bikini-Oberteil
Alle Fotos, die entstanden und entstehen, sind deshalb nur Momentaufnahmen. Der Arbeitsstiefel auf dem Fenstersims etwa. Vielleicht hingestellt für einen besonderen Schnappschuss. Oder die weißen Bänder, um Pfeiler geschlungen und in der Mitte zu einem fiktiven Spinnennetz verwoben. Oder das blaue Bikini-Oberteil auf dem grauen Zementboden – da schlägt doch glatt die Phantasie Purzelbäume. An anderer Stelle hat sich offensichtlich jemand häuslich eingerichtet. Eine Schlafstatt und eine Sitzgelegenheit lassen das jedenfalls vermuten. Was die Kamera jetzt einfängt, wird morgen bestimmt nicht mehr vorzufinden sind. Dafür gibt es garantiert andere Motive.
Vielleicht interessiert dich auch mein Exkurs in die Spritfabrik, in die Böllberger Mühle, in die verlassene Böllberger Brauerei oder in die Freyberg Brauerei. Alle vier Objekte sind in Halle zu finden. Im Nachbar-Bundesland Sachsen gefielen mir die verlassene Sternburg Brauerei in Lützschena, das Stadtbad Leipzig sowie die Lost Places in Görlitz. In angenehmer Erinnerung bleibt mir auch das Schloss Vitzenburg bei Querfurt/Sachsen-Anhalt
Krass das Kinderauto ! Auch eine tolle Anlage
Leider waren über die vielen Jahre immer mal wieder die Feuerteufel aktiv. So gibt es kaum noch etwas Schönes zu entdecken. Auch ne Menge Müll wurde illegal auf dem Gelände abgeladen. Echt schade um das Objekt.