Das Kulmhotel Gornergrat ist das höchstgelegene Hotel der Schweizer Alpen. Von hier hat man einen atemberaubenden Blick auf den Kaiser von Zermatt – das Matterhorn.
Sehnsuchtsziel lockt in die Schweiz
Sicher hat jeder so ein paar Wünsche, was er sich gern mal anschauen möchte. Bei mir war es in der Kindheit der Kölner Dom. Von dem trennte mich damals eine Staatsgrenze. Kaum war der Wunsch erfüllt, kamen neue Sehnsüchte dazu. Das Taj Mahal etwa, die Pagoden in Bagan, die Felsenstadt Petra in Jordanien oder die pulsierende Kreuzung im Tokioter Stadtteil Shibuya. Mit den Jahren habe ich viele Wunsch-Ziele von meiner Liste streichen können. Ein Traum aber blieb jahrelang unerfüllt. Das legendäre Matterhorn. Doch in diesem Sommer ist`s endlich soweit. Es geht in die Schweizer Alpen. Zum Kaiser von Zermatt.
Das bekannte Walliser Bergdorf empfängt mich mit blauem Himmel und Strahlesonne. Ein Sommertag wie er im Buche steht. Nur das Gewusel in den engen Straßen finde ich reichlich gewöhnungsbedürftig. Man merkt es dem Alpenort an, dass er in den letzten Jahrzehnten rasant gewachsen und aus allen Nähten geplatzt ist. Gerüste, neue Fundamente und fast fertige Hotels zeugen davon, dass auch in Zukunft noch was geht in Zermatt. Lauschig und romantisch ist anders. Finde ich. Da können mich auch die üppigen Blumenkästen, die munter wehenden Fahnen und die teils originellen Dekorationen umstimmen.
Das erste Rendezvous
Doch der erste nicht ganz so positive Eindruck soll mich jetzt nicht weiter stören. Schließlich bin ich nur wegen eines Rendezvous‘ nach Zermatt gekommen. Und bei dem Top-Wetter stehen die Chancen gut, dass ich das Matterhorn während meines dreitägigen Aufenthalts in den Schweizer Alpen auch zu Gesicht bekommen werde. Und das will ich gleich mal testen. Also schnell das Gepäck im Hotel „Schweizer Hof „abgestellt und ab ins Dorf-Zentrum. Auf dem Gemeindeplatz, dort, wo das große hölzerne Alphorn auf der Treppe steht, sehe ich zum ersten Mal in echt das Matterhorn. Und irgendwie bin ich gerührt. Der markante Bergrücken versteckt allerdings hartnäckig seinen Gipfel vor meinen Augen. Denn immer wieder hält das 4.478 Meter hohe Wahrzeichen von Zermatt eisern vorbeiziehende Wolken fest. Da kann ich warten und schauen so viel ich will. Daumen drücken also, dass ich in den nächsten Tagen den an eine Pyramide erinnernden Berg mal in voller Schönheit erleben kann.
Gefährlicher Felszacken
Den Ankunftstag nutze ich, um durch Zermatt, einen der bekanntesten Touristenorte der Schweiz, zu schlendern. Die Sehenswürdigkeiten im Alpendorf sind überschaubar. Erwähnenswert sind der Murmeltierbrunnen in der Ortsmitte oder das Matterhorn Museum Zermatlantis am Kirchplatz. Sicher nicht nur was für Regentage. Irgendwann stehe ich dann auch vor einer Gedenktafel. Sie erinnert an Edward Whymper. Dem Briten gelang im Juli 1886 mit einer Siebner-Seilschaft die Erstbesteigung des Matterhorns. Seitdem lockt der markante Felszacken Gipfelstürmer aus aller Welt. Doch so anziehend wie der Kaiser von Zermatt auch ist, er gilt als gefährlich. Etwa 600 Alpinisten haben den Lockruf des Toblerone-Bergs schon mit dem Leben bezahlt. Da besteht bei mir allerdings keine Gefahr. Ich will mir den Felskoloss nur aus sicherer Entfernung anschauen.
Die alten Häuser sind die schönsten
Die Wege im quirligen Alpendorf sind kurz. Deshalb bin ich auch ziemlich schnell in Hinterdorf. Das ist der alte Teil von Zermatt. Wie man unschwer an den betagten traditionellen Häusern erkennen kann. Gefertigt aus dunklem Lärchenholz ruhen sie teils auf Stelzen. Die sehen aus wie riesige Pilze. Und nun überkommt mich doch so etwas wie Walliser Bergdorf-Romantik. Forciert auch durch die muntere Schafherde, die während meines Aufenthalts vormittags und nachmittags den Touristen für kurze Zeit die engen Straßen streitig macht.
Uraltes Gestein in der Gornerschlucht
Nach kurzer Zeit bin ich am Ende des Dorfes angelangt. Rechterhand erweist sich das Matterhorn mit seinem Wolkenschweif als zuverlässiger Begleiter. Links liegen lasse ich einen Outdoor-Park mit seinen zahlreichen Fitness-Angeboten. Jetzt bauche ich nur noch links die kleine Anhöhe rauf und schon stehe ich vorm Eingang zur Gornerschlucht. Ein Ticket muss ich lösen. Dann kann ich eintauchen in ein atemberaubendes Naturparadies. Es ist geprägt von ungestümer Wassergewalt und von teil überhängenden Felswänden aus grünlichem Serpentinit. Die sollen unvorstellbare 220 Millionen Jahre alt sein. Touristisch erschlossen wurde das schöne Fleckchen Erde im Jahr 1886.
Holzstege im Zickzack
Die etwa ein Kilometer lange Schlucht durchquere ich ganz bequem auf intakten Holzstegen und Treppen. Auf einer Galerie, zu der ich über steile Stufen gelange, schaue ich den Strudeln eines tosenden Wasserfalls zu. Den Verlauf der Holzstege geben die schroffen Felsenwände vor. So geht es denn immer wieder im Zickzack durch die Heimat üppig grüner Moose, Farne und Gräser. Den abenteuerlichen Klettersteig lasse ich allerdings aus. Dafür fühle ich mich nicht fit genug. Aber auch so ist der Spaziergang durch die Gornerschlucht, der nicht länger als 20 Minuten dauert, für mich ein unvergessliches Naturschauspiel.
Rauf zur Aussichtsterrasse
Tag 2 im Walliser Bergdorf: Der Himmel ist blau, die Sonne ist Dauergast. Perfektes Wetter also, um den Kaiser von Zermatt aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Diesmal nicht vom Tal aus, sondern von einem Berggipfel. Und da ist der 3.135 Meter hohe Gornergrat der ideale Beobachtungsposten. Der Gipfel lockt nicht nur mit der höchsten Aussichtsterrasse der Schweiz, sondern verspricht bei guter Sicht auch den Blick auf 29 Viertausender. Und natürlich auch auf das Matterhorn. Dann also los. Rauf auf den Grat.
Kaiser grüßt von rechts
Um das atemberaubende alpine Panorama genießen zu können, muss ich allerdings nicht zu Fuß auf den Berg. So wie etwa 1878 der amerikanische Schriftsteller Mark Twain. Ich bevorzuge die Fahrt mit der Gornergratbahn. Die erste voll elektrifizierte Zahnradbahn der Schweiz verkehrt seit August 1898 und war die erste, im Freien angelegte Eisenbahn in Europa, die auf über 3.000 Meter führte. Das Ticket kaufe ich in der Talstation. Die befindet sich gegenüber dem Zermatter Bahnhof. Trotz reichlich Andrang kann ich im roten Zug einen Sitzplatz auf der begehrten rechten Seite ergattern. So genieße ich schon während der rund halbstündigen Gipfelfahrt die eindrucksvolle Bergwelt, die an meinem Fenster vorbeizieht. Und ständig grüßt der Kaiser von Zermatt, während das quirlige Dorf mit jedem zurückgelegten Meter im Tal verschwindet.
An den Stationen steigen immer mal wieder Fahrgäste zu. Andere verlassen die Zahnradbahn, um auf Wanderschaft zu gehen. Mit dem Ticket ist es möglich, am Gültigkeitstag nach Belieben aus- und wieder zuzusteigen. So kann man zwischen den Stationen nach Lust und Laune die Zeit verbringen. Und fährt zum Schluss ganz entspannt zurück nach Zermatt.
Hoch zur Aussichtsplattform
Wie die meisten Passagiere fahre ich die rund 9,4 Kilometer lange Strecke bis zur Bergstation. Nun heißt es, mit dem Tross der Neugierigen noch etwa 100 Meter nach oben zu laufen. Dort thront das höchstgelegene Hotel der Schweizer Alpen. Es heißt 3100 Kulmhotel Gornergrat. Die Zahl sagt schon, auf welchem Höhenmeter ich jetzt angekommen bin. Das Hotel interessiert mich allerdings weniger. Mein Ziel ist die weiter oben gelegene Aussichtsplattform. Sie ist die höchste Aussichtsterrasse im Alpenraum.
Berge zum Greifen nah
Hier oben scheint sich die ganze Touristen-Welt versammelt zu haben. Kein Wunder: Das Rundum-Panorama ist atemberaubend. 29 Viertausender sind um mich versammelt. Dazu gesellen sich Gipfel mit Höhen über 3 Kilometer. Begeistert bin ich vom Monte-Rosa-Massiv mit dem höchsten Berg der Schweiz. Das ist die Dofourspitze (4.634 Meter). Den zweithöchsten Schweizer Gipfel, der Dom (4.546 Meter) heißt, kann ich hier ebenfalls ins Visier nehmen. Und der imposante Gornergletscher, mit über 12 Kilometer Länge der zweitgrößte der Alpen, buhlt um meine Aufmerksamkeit. Alles scheint zum Greifen nah. Natürlich auch der Kaiser von Zermatt. Das weltberühmte Matterhorn tut mir den Gefallen. Es präsentiert seinen Gipfel ganz ohne Wolken. Besser geht nicht. Ein tolles Fotomotiv. Gern auch mit dem Kulmhotel und den beiden Kuppeln des Observatoriums im Vordergrund. Jetzt kann ich den begeisterten Mark Twain verstehen, der an diesem Ort gestanden und gesagt haben soll: „Nirgends gibt es eine solche Ausstellung von Grösse und Schönheit, wie sie vom Gornergratgipfel geschaut werden kann.“ Wenn ich sage, ich bin ergriffen, dann ist das nicht übertrieben.
Kapelle nah am Himmel
Bevor ich mein nächstes Ziel ansteuere, statte ich der Kapelle Gornergrat „Bernhard von Aosta“ einen kurzen Besuch ab. 1950 errichtet, kann man den grau verputzten Blockbau mit eingezogenem Chor und doppelt versetztem Dach leicht übersehen. Für alle, die auch mal reinschauen möchten, die Kapelle liegt zwischen Hotel und Bergbahnstation. Wenn man das höchste Gotteshaus Zermatts betritt, findet man gleich rechts neben dem Eingang den Beichtstuhl.
Majestät im Bergsee
Das Wandern ist nicht nur des Müllers Lust. Auch eine Vielzahl der Touristen hier will sich die Beine vertreten und die reizvolle Landschaft erkunden. Für welche Tour man sich auf dem Gornergrat auch entscheidet, ein lohnendes Ziel ist auf alle Fälle der Riffelsee. Der Bergsee liegt auf 2.770 Höhenmeter. Was heißt, jetzt geht es bergab. Wahlweise zu Fuß. Oder bequem mit der Gornergratbahn. Von der Bergstation ist es nur eine Station. Rotenboden heißt sie und von hier sind es etwa zehn Minuten zu Fuß zum See. Die Strecke bis zum Ufer geht bergab und im wahrsten Sinn über Stock und Stein. Wer lauffaul ist, sollte bedenken, dass er vom Gletschersee auch wieder hochkraxeln muss.
Alpenromantik pur
Seinen inneren Schweinehund zu überwinden, lohnt auf jeden Fall. Denn direkt am Wassersaum bekommt man das perfekte Postkartenmotiv. Bei Windstille nämlich spiegelt sich die Ostwand des majestätischen Matterhorns sehr eindrucksvoll auf der glatten Wasseroberfläche. So großes Glück habe ich allerdings nicht. Ein leichter Wind kräuselt die Wasseroberfläche. Ein komplettes Spiegelbild kann ich fotografisch nicht einfangen. Schade, aber man kann schließlich nicht alles haben. Dafür geben grad Alphornbläser Proben ihres Könnens. Zusammen mit dem herrlichen Panorama und dem majestätischen Kaiser von Zermatt erlebe ich in diesem Moment eine unvergessliche Alpen-Romantik unter blauem Himmel.
Zum Blauherd gondeln
Tag 3 beginnt mit strahlendem Sonnenschein und verspricht erneut ausgezeichnete Sicht auf den Kaiser von Zermatt. Auch jetzt geht es wieder in die Höhe. Ziel ist der Blauherd. Der ist in zwei Etappen und in etwa einer Viertelstunde zu erreichen. Für mich erneut mit technischer Hilfe. Zuerst mit der Standseilbahn nach Sunnega. Danach umsteigen in die Achter-Gondel. Im Winter fahren stattdessen die Sessellifte. Die Talstation Sunnegga-Rothorn liegt knapp 10 Gehminuten vom Bahnhof Zermatt entfernt. Das Ticket ist schnell gekauft. Ich habe mich für den Fünf-Seen-Weg entschieden. Was bedeutet: Fahrt bis zum Blauherd. Dann mehrere Stunden wandern und von Sunnega zurück ins Tal.
Ein längerer Tunnel führt mich ins Berginnere zur Standseilbahn. Die ist schon startklar und gut besetzt. Im hinteren Abteil finde ich noch ein Plätzchen. Wo man sitzt, ist hier egal. Denn man sieht eh nur Felswände. Nicht mal fünf Minuten dauert die Fahrt im Berg von Zermatt nach Sunnega. Dann bin ich auf 2.288 Metern angekommen. Von der Station sind es nur wenige Schritte bis zur Sonnenterrasse. Die macht ihrem Namen alle Ehre. Es ist ziemlich heiß an diesem Tag und kaum ein Wölkchen in Sicht. Wie tags zuvor auf dem Gornergrat protzt die Natur wieder mit ihrer phantastischen Bergwelt. Bergmassive versuchen sich gegenseitig im Höhenwettstreit zu übertreffen. Auch der Kaiser von Zermatt, den ich linkerhand entdecke, macht erfolgreich mit. Ein paar Fotos noch, dann ist Zeit, in die Gondel zum Blauherd zu steigen. Mit Blickrichtung zum Tal überwinde ich in der gläsernen Kabine fast 300 Höhenmeter. Dabei habe ich das Matterhorn fest im Blick.
Matterhorn im Holzkreuz
Nach kurzer Zeit und einigen Rucklern erreiche ich die Station Blauherd. Sie liegt auf 2.574 Metern Höhe und verspricht einen herrlichen Blick auf die zahlreichen Gipfel der Zermatter Bergwelt. Und natürlich auf das Matterhorn. Erwartungsfroh verlasse ich meine Gondel und strebe dem Ausgang zu. Bevor ich mich aber auf Wanderschaft begebe, tue ich das, was hier fast alle machen. Ich steige auf die Anhöhe oberhalb des Restaurants Blue Lounge. Dort befindet sich ein berühmter Fotospot. Ein großes Holzherz rahmt den Kaiser von Zermatt ein. Logisch, dass hier die Wandersleut` Schlange stehen. Ich warte geduldig. Denn Eile habe ich nicht. Außerdem macht es Spaß zu beobachten, wie die anderen Fotoverrückten sich am Herz für ein Selfie oder Familienfoto in Szene setzen. Nach dem Fotostop zerstreuen sich die Touristen entsprechend ihrer geplanten Wanderrouten in alle Richtungen. Manche nehmen die Seilbahn nach noch weiter hoch zum Rothorn.
Gutes Schuhwerk und Getränke
Ich habe mich für eine Wanderung auf dem Fünf-Seen-Weg durch alpines Gelände entschieden. Der gut ausgeschilderte Weg führt vorbei an 5 traumhaften Bergseen: Stellisee, Grindjisee, Grünsee, Moosjisee und Leisee. Und immer hat man auf dem etwa 10 Kilometer langen Weg den Kaiser von Zermatt im Blick. Schon auf den ersten Metern des zunächst leicht abschüssigen Geländes freue ich mich über mein zünftiges Schuhwerk. Darauf sollte jeder, der in der alpinen Region auf Tour geht, großen Wert legen. Ebenso wie auf eine Kopfbedeckung, auf Sonnenschutz und ausreichend Getränke. Einige Leichtsinnige im langen Tross, der mich an eine Völkerwanderung denken lässt, entdecke ich, die in Sommer-Schläppchen unterwegs sind. Aber wahrscheinlich wollen die nur bis zum ersten See.
Den erreiche ich übrigens, vor Augen das Strahlhorn (4.190 Meter) und im Rücken das Matterhorn, nach einer knappen halben Stunde gemächlichen Schritts. Es ist der Stellisee, eines der Lieblingsziele der Zermatt-Urlaubern. Weil man hier eines der berühmtesten Motive vor die Linse kriegt: Das Matterhorn, wie es sich im idyllischen See spiegelt. Vorausgesetzt natürlich, dass der Wind mitspielt. Nur wenn es windstill ist, bekommt man das perfekte Foto.
Zutrauliche Schwarznasen
Bei meiner Ankunft am Ufer sehe ich aber schon, dass die Wasseroberfläche in Bewegung ist. Trotzdem folge ich den zahlreichen Wanderern halb um den See, um die Nordwand des legendären Bergs in den Blick zu nehmen. Das Matterhorn sehe ich, aber nichts ist mit seinem Spiegelbild. Trotzdem lohnt das Fotografieren. See und Matterhorn im Duett sind allemal ein stimmungsvolles Motiv. Außerdem entschädigt mich eine Herde putziger Schwarznasenschafe am Ufer. Die Tiere mit dem wuscheligen Fell scheinen keinerlei Berührungsängste zu haben. Schnell bin ich umringt von einigen der zutraulichen Tieren. Offensichtlich sind sie deshalb an mir und den Mitwanderern interessiert, weil sie sich von uns etwas Schatten versprechen. Ich will dann mal nicht so sein und fungiere eine Zeit als Schattenspender. Denn irgendwie versüßen die Schwarznasen mit den spiralförmigen Hörnern grad meinen Wandertag.
Star macht sich rar
Dann geht es weiter bergab auf steinigen Wegen. Vorbei an einigen parkenden Baufahrzeugen. In deren Schatten hat sich eine weitere Schafherde vor der Hitze verdrückt. Die schwarzen Gesichter sind nicht zu sehen, nur die wolligen Körper. Was ziemlich drollig aussieht. Viele weitere Schritte abwärts kommt die zweite Station meiner Tour. Den Grindjisee habe ich schon von weiter oben zwischen felsigem Gelände und Grün blitzen sehen. Eingebettet in ein Hochmoor schmückt sich das Gewässer ringsum mit seltenen Blumen und Sträuchern. Der Star ist auch hier das Matterhorn und sein Spiegelbild. Doch wieder Fehlanzeige. Also weiter nach kurzer Rast zum Grünsee. Der macht seinem Namen alle Ehre. Eigentlich lockt das Wasser zum Baden. Aber der See, gespeist aus Bergquellen, ist mir einfach zu kalt. Nicht mal die Füße mag ich reinstecken. Wohl aber kurz am Ufer rasten und mich an der Alpenflora erfreuen und ein paar 4000er aufs Korn nehmen. Darunter das Weisshorn, das Obergabelhorn und natürlich seine Majestät, den Kaiser von Zermatt. Dann wandere ich weiter durch diese schöne grüne Landschaft mit Arven und Lärchen. Eine kleine Holzbrücke über einen murmelnden Bergbach überquere ich und stehe alsbald vor dem Moosjisee.
Schweißtreibender Aufstieg
Der Gletschersee befindet sich in einer Höhe von 2.139 Metern. Er wurde künstlich angelegt und dient der Wasserspeicherung. Baden kann man hier drin nicht. Gucken aber ist erlaubt. Vor allem lohnt es sich, weil man auch wieder das Matterhorn in den Blick nehmen kann. Das tue ich dann auch bei einer kurzen Rast. Die gönne ich mir, denn ab jetzt geht es für einige Zeit nur bergauf. Ich bin zwar ein versierter Stadtläufer und 15 Kilometer auch auf mittelalterlichem Pflaster machen mir nichts aus. Aber im hochalpinen Raum ist eine Wanderung schon von einem anderen Kaliber. Vor allem, wenn das Thermometer fast 30 Grad zeigt und die Sonne vom blauen Himmel ballert. Dazu kommt noch die Höhenlage. Zwar ist es bloß noch ein Kilometer bis zum Leisee, aber auf der ansteigenden Strecke komme ich ganz schön ins Schwitzen. Irgendwann schaffe ich es dann doch. Der letzte See liegt vor mir. Da drin wird fleißig gebadet.
Jetzt habe ich die Wahl. Entweder meistere ich den letzten Anstieg bis zur Bahnstation zu Fuß oder ich nutze das Leisee Shuttle. Die Fahrt ist kostenfrei. Aber nicht nur deshalb fahre ich mit ihm die kurze Strecke zur Sunnega-Station. Und dann geht es zurück nach Zermatt. Irgendwie bin ich doch groggy und außerdem freue ich mich auf einen Cappuccino und ein leckeres Stück Torte in der Bäckerei Fuchs.
Informationen zur Wanderung
Der Fünf-Seen-Weg ist einer der beliebtesten Wanderwege in der Zermatter Bergwelt. Der etwa 10 Kilometer lange Wanderweg führt zum Stellisee, Grindjisee, Grünsee, Moosjisee und Leisee. In dreien – nämlich im Stellisee, Grindjisee und Leisee – spiegelt sich bei guter Sicht und Windstille das Matterhorn. Zudem ist die Aussicht auf viele Bergriesen grandios.
Die Tour kann man entweder von der Station Sunnega starten oder vom Blauherd aus. Abstieg 540 Meter, Aufstieg 260 Meter. Für die Wanderung sind etwa zweieinhalb bis drei Stunden zu veranschlagen. Bei Pausen, Naturbeobachtung und Fotostops entsprechend mehr. Der Schwierigkeitsgrad der Strecke wird mit mittel angegeben. Festes Schuhwerk ist selbstverständlich. Ebenso Sonnenschutz und ausreichend Getränke. Man kann sich auch für andere Routen entscheiden. Die Wege mit Ziel und Kilometerangabe sind gut ausgeschildert. So muss man beispielsweise nicht wie ich von Sunnega mit der Bergbahn nach Zermatt zurückfahren, sondern kann ins Tal laufen. Wer doch fahren möchte, sollte auf seiner Wanderung den Fahrplan im Blick haben, damit er nicht die letzte Bahn verpasst. Aber vielleicht ist das grad die Absicht. Denn dann kann man am folgenden Morgen den Kaiser von Zermatt bei Sonnenaufgang erleben.
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