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Das majestätische Chateau Chambord

Blick auf das majestätische Chateau Chambord

Das majestätische Chateau Chambord hat gewaltige Dimensionen. 156 Meter lang und 117 Meter breit thront das Schloss-Ensemble in der Landschaft. Damit hält das prunkvolle Renaissance-Gebäude einen Rekord. Es ist das größte der Loire-Schlösser. Und das will was heißen. Denn entlang des längsten Flusses Frankreichs reihen sich an den Ufern und im Umland immerhin mehr als 400 Schlösser und Burgen. Ein Drittel davon stehen Besuchern offen. Zwölf der historischen Anlagen habe ich besucht.

Ein Juwel der Renaissance

Was für ein Koloss! Dieser Gedanke schoss mir durch den Kopf, als ich vor dem prächtigen Chateau Chambord stand. Ich war wirklich beeindruckt von dem majestätischen Gebäude, wenige Kilometer vom Ufer der Loire entfernt. Mein Blick schweifte über die stattlichen Ecktürme, um dann an der pittoresken Dachlandschaft hängenzubleiben. Eine Unmenge vielgestaltiger Türmchen grüßte von oben aus regenschweren dunklen Wolken. Manche der schlanken Aufbauten schienen Gesichter zu haben mit lachenden Mündern. Irgendwie erinnerte mich der Anblick an Schachfiguren, die ein unkundiger Spieler ohne erkennbare Ordnung auf einem Brett aufgestellt hatte. Und dann auch noch viel zu viele.

Diese bizarre Turmlandschaft prägt das Antlitz des Weltkulturerbes. Und sie bildet zugleich einen reizvollen Kontrast zu der eher nüchtern wirkenden Tuffstein-Fassade des gigantischen Schlosses von König Francois I. Der ließ ab 1519 dieses Juwel der Renaissance errichten. Wie auch die knapp 32 Kilometer lange und mehr als 2,50 Meter hohe Mauer. Die umschließt neben dem Star der Loire-Schlösser auch einen Wildpark. Das Jagdgebiet soll der Fläche von ganz Paris entsprechen. Also wahrhaft majestätisch.

Franz liebte Böcke und Röcke

Der gewaltige Prunkbau galt mitnichten als Franzens Residenzschloss. Diesbezüglich war der schon bestens versorgt. Das majestätische Chateau Chambord fungierte lediglich als Jagdschloss. Und zugleich als protziger Ort für die illustren Feste des Königs mit seinem Hofstaat. Denn beides war dem Monarchen offenbar sehr wichtig. An dieser Stelle sei ein Zitat des damaligen Botschafters von Venedig über den Monarchen erwähnt, das ich in einem Reiseführer entdeckte: „Er ist ständig auf der Jagd, mal auf Böcke, mal auf Röcke“. Beiderlei Jagden wollte Franz I. wohl auf diesem Anwesen ausleben.

Doch so anziehend fand Jäger Franz das in Stein gemeißelte Symbol seiner Macht dann wohl doch nicht. Denn nur 40 Tage soll sich der Monarch während seiner 32-jährigen Regentschaft im Chateau Chambord aufgehalten haben. So blieb denn das prächtigste aller Loire-Schlösser zeitweilig unbewohnt und auch unvollendet. Erst im darauffolgenden Jahrhundert warf Ludwig XIV. ein Auge auf die spektakuläre Bleibe. Unter seiner Regie wurde sie erweitert, fertiggestellt und gelegentlich genutzt.

Dunkle Wolken über dem majestätischen Chateau Loire

Die königliche Wundertreppe

84 Treppen hat das majestätische Chateau Chambord. Sagen die einen. Andere sprechen von 77. Welche Zahl – oder gar eine andere – die richtige ist, kann ich nicht sagen. Ich habe sie während meiner Besichtigung nicht gezählt. Vielleicht irgendwas mittendrin. Fakt aber ist: Der Magnet im Schloss ist das Treppenhaus mit der doppelten Wendeltreppe.

Wendeltreppe klingt erst mal nicht besonders interessant. Ist sie aber. Nicht nur, weil Multitalent Leonardo da Vinci möglicherweise der Ideengeber für diesen außergewöhnlichen Höhenüberwinder war. Es ist vielmehr die Funktion der Treppe. Von vorn betrachtet sieht sie aus wie ein einziger Aufgang. In Wirklichkeit sind es aber zwei Wendeltreppen. Ihre beiden Läufe sind so ineinander verschlungen, dass sich Hinauf- und Hinabsteiger, die unterschiedliche Aufgänge wählen, nicht begegnen. Denn die beiden Aufgänge kreuzen sich an keiner Stelle, auch nicht auf den Etagen. König Franz soll dieser Treppenlauf ziemliches Vergnügen bereitet haben. Mir auch. Also unbedingt ausprobieren. Aber aufpassen, dass die Begleitung auf der königlichen Wundertreppe nicht abhanden kommt!

Beim Auf- oder Abstieg lohnt auch ein Blick in den Mittelteil der Konstruktion. Hier können sich die Treppenläufer durch schmale Öffnungen zuwinken. Gefallen hat mir in der zweiten Etage das üppig dekorierte Deckengewölbe. Immer wiederkehrend hier der in Stein gemeißelte Buchstabe F für Francois sowie ein Salamander. Franzens Hoheitszeichen soll angeblich mehr als 300 Mal im Schloss zu sehen sein. Zugegeben, so viele Amphibien habe ich nicht entdeckt. Etliche an Wänden, Decken, Türen und Türmen sind mir allerdings schon aufgefallen.

Im Mittelpunkt des Donjon vom majestätischen Chateau Chambord liegt die doppelläufige Treppe

Nur wenige Räume möbliert

Von der Inneneinrichtung sollte der Besucher von Chateau Chambord aber nicht so viel erwarten. Nur wenige der etwa 440 Zimmer sind möbliert. Und stammen nicht aus der Zeit von Francois I.

In den größten Räumen des Schlosses hatte sich ein Jahrhundert nach König Franz Ludwig XIV. breit gemacht und seine Prunkgemächer einrichten lassen. Zugegeben: Des Sonnenkönigs Schlafgemach ist schon eine Augenweide. Auch das Jagdzimmer mit den vielen Trophäen beiderseits des schmalen Raums. Oder die Gemälde. Oder die Sammlung kostbarer Wandteppiche.

Prächtiger Teppich im Prunksaal vom majestätischen Chateau Chambord

Laterne auf dem Dach

Noch interessanter fand ich allerdings, dem Schloss aufs Dach zu steigen und mich in der Höhe umzusehen. Was mich unten stehend, recht klein von oben grüßte, ist hier zu ansehnlicher Höhe gewachsen. Filigrane Kamine und Turmaufbauten und Lokarne in vielerlei Gestalt und mit reicher Ornamentik. Dazwischen kleine Gässchen und Kreuzungen und Plätze wie in einer Stadt. Hier kann der Besucher beim Flanieren die Schmuckaufbauten bewundern. Oder die prunkvolle Laterne in ihrem Zentrum. In diesem 32 Meter hohen äußeren Aufbau gipfelt die Wunder-Wendeltreppe von Chateau Chambord.

Die Kamine und Türmchen vom majestätischen Chateau Chambord erinnern an Schachfiguren

Natur in Symmetrie

Als die Damen von Franzens Hof hier hinaufstiegen, galt ihr Interesse wohl eher der schießfreudigen Gesellschaft, die unten im Wald- und Jagdgebiet Hirsche und Wildschweine zur Strecke brachte. Die Aussicht, die sich den heutigen Besuchern des Prunk- und Jagdschlosses bietet, kannten sie allerdings nicht. Denn die wunderschöne Parkanlage, die in den Wald mündet, existierte da noch nicht. Erst Ludwig XIV. ließ das Areal gestalten. 2017 neu angelegt, schweift heute der Gästeblick über das Areal mit den mehr als 600 Bäumen und 800 Sträuchern, akkurat in Form geschnitten. Rund 200 Rosenstöcke blühen mit 15000 Beetpflanzen um die Wette. Alles in schönster Symmetrie und wie zu Zeiten des Sonnenkönigs. Irgendwie erinnerte mich das Bild, das ich von meinem Dach-Ausguck sah, an eine Armee, die vor mir stramm stand.

Blick in den Garten vom majestätischen Chateau Chambord

Akkurat getrimmt ist auch die Baumallee, die sich vor dem Eingang von Chateau Chambord im Halbrund präsentiert.

Allee vor dem Eingang vom majestätischen Chateau Chambord

Zum Abschied grüßte das majestätische Chateau Chambord noch einmal stolz hinter den Rosensträuchern. Ich grüßte begeistert zurück. Und weiter ging die Entdeckungsreise. Meine nächsten Stationen waren Cheverny und Chateau Chenonceau.

Das majestätische Chateau Chambord hinter Rosensträuchern
Reiseinformationen:

Wie an einer Perlenschnur aufgereiht – die Schlösser der Loire. Als Einstieg von Paris aus kommend besuchte ich am ersten Tag meiner sechstägigen Schlösser-Tour Chambord und Cheverny. Am zweiten Tag knöpfte ich mir gleich drei Stationen vor: Chenonceau, Chaumont und Amboise. Von meinem Hotel in Amboise zog es mich am dritten Tag nach Villandry, Azay-le-Rideau und Tours. Den vierten Tag hatte ich für die Besichtigung von Burg Sully und Kloster St. Benoit reserviert. Tag fünf schaute ich mir Chinon, Rivau und Fontevraud an. Den Höhepunkt meiner Reise bildete am letzten Tag eine Visite im königlichen Blois.

Da es an Schlössern und Burgen und hübschen Städtchen im Loire-Gebiet nun wirklich nicht mangelt, kann man sich die Liste der zu besuchenden Sehenswürdigkeiten nach Gusto selbst zusammenstellen. Wer sich lieber auf professionelle Unterstützung verlassen will und gern in der Gruppe unterwegs ist, der findet bei den verschiedensten Reiseanbietern Pauschalreisen zu den schönsten Loire-Schlössern.

Karte Loire-Schlösser

3 Kommentare

  1. Gudrun Knabe

    Danke für diesen tollen Bericht über das Chateau Chambord!

    Mit journalistischem Geschick – immer den Blick auf das Wesentliche, aber auch durch Hinweise auf interessante Details – wurde mir dieses Bauwerk als architektonische Meisterleistung von großem kulturhistorischen Wert nahegebracht.
    Die Art der Beschreibung und die Auswahl des Bildmaterials haben meiner Vorstellungskraft sehr geholfen.
    So bin ich im Gedanken die besondere Wendeltreppe auf- und abgegangen, habe versucht, mir die üppich gestalteten Deckengewölbe vorzustellen und habe natürlich auch die wunderschöne Außenanlage auf mich wirken lassen.
    Ich war von dem prächtigsten aller Schlösser der Loire fasziniert und möchte es unbedingt noch einmal in natura kennenlernen.

    • Elke Richter

      Liebe Gudrun, vielen Dank für die netten Worte zu meinem Bericht über Chateau Chambord. Ich habe mich sehr darüber gefreut. In der Tat ist es ein wunderbares Schloss mit großartiger Geschichte. Während der Bildauswahl und dem Niederschreiben meiner Erlebnisse flammte meine Begeisterung für das Schloss erneut auf. Ich kann dich in deiner Absicht, die Loire-Schlösser zu besuchen, nur bestätigen. Ich werden auch noch einmal zurückkehren und mir weitere Schlösser im sogenannten Garten Frankreichs anschauen. Es gibt ja noch so viele. Gerade schreibe ich einen Beitrag über das Chateau Chenonceau. Es wird auch das Schloss der Damen genannt. Warum, das kannst du in der nächsten Woche auf meiner Seite lesen.Ich freue mich auf deinen Besuch. Bis dahin!

  2. Steffen Biedermann

    Wer Geschichte liebt – ein Muß!

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