Myanmar, das Land der Superlative. Im ehemaligen Burma stößt der Besucher auf das größte Buch der Welt. Auch eine der weltgrößten Glocken kann er hier zum Klingen bringen sowie auf der längsten Holzbrücke den Sonnenuntergang beobachten. Und dann sind da noch die Abertausende von Pagoden, die ihre goldenen Kuppeln in den blauen Himmel bohren. Auf einer Rundreise durch Myanmar besuchte ich einige der spektakulärsten heiligen Stätten des Landes. In den ersten Tagen war ich in Mandalay und Umgebung dem Zauber von Myanmar auf der Spur.
Ein Berg von Gold
Todmüde bin ich. Meine Augen sind am Zufallen. Der Jetlag nach der langen Anreise fordert seinen Tribut. Ich schlurfe mit der Gruppe zu einer berühmten Pagode in Mandalay. Die erste, die ich während meiner 14-tägigen Rundreise durch Myanmar besuchen werde. Und plötzlich bin ich hellwach. So viel Gold ringsum! Hätte ich die Schuhe vorm Betreten des Heiligtums nicht ausziehen müssen, würde es mich jetzt aus den Schlappen hauen. Ich bin geradezu geflasht von diesem Glanz. Und dabei bin ich noch nicht einmal dort, wo das meiste Gold auf einem Fleck versammelt ist – bei der sitzenden Buddha-Statue. Die thront im Zentrum des Hauptgebäudes der Mahamuni Pagode. Neben dem Goldenen Felsen in Kyaiktiyo und der Shwedagon-Pagode in Yangon gehört sie zu den wichtigsten Pilgerstätten des südostasiatischen Landes.
Meinen Tatendrang bremst der Reiseleiter. Hineilen zum Buddha geht nicht. Denn nur Männer werden zum goldenen Mann vorgelassen. Und dann dürfen auch nur die, die Blattgold bei sich haben, Hand an den Buddha legen. Wie gemein! Frauen müssen derweil brav hinter einer Absperrung verharren und lange Hälse machen. Können aber am Monitor aus der Ferne mitverfolgen, was die Männer beim Buddha so treiben. Das tue ich dann auch.
Beulen aus Gold
Fast vier Meter soll Myanmars heiligste Buddha-Statue hoch sein. Und seit ihrem Aufstellen schon Tonnen an Hüftgold zugelegt haben. Durch die ungezählten Blattgold-Plättchen, die die Massen von Pilger täglich aufkleben. Auf dem Monitor kann ich es nicht genau erkennen, aber durch die Klebe-Aktionen soll der Buddha vor allem an den unteren Extremitäten schon etliche unschöne Gold-Beulen aufweisen. Dafür ist das Gesicht makellos. Täglich wird es nämlich sorgfältig von Mönchen gewaschen. Und sogar an die Zahnpflege des imposanten Mannes ist gedacht, erzählt grad jemand. Aha, was es alles gibt.
Genug gesehen vom religiösen Geschehen rund um den Buddha. Jetzt ist Zeit für einen Spaziergang durch die prunkvollen Gänge der Pagode. Mir gefallen die goldenen Säulen, die schönen Mosaike und die überbordende Farbigkeit. Auf Schritt und Tritt überraschen neue Durchblicke und hübsche Details. Und gepflegt ist es hier auch. Kein Wunder. Überall wuselt das Personal und reinigt die Böden. Bei den vielen Pilgerfüßen ist das auch nötig, um alles wieder zum Glänzen zu bringen. Wenn vom Zauber von Myanmar die Rede ist, dann gehört für mich die Mahamuni-Pagode unbedingt dazu.
Wanderndes Kloster
Das nächste Ziel des Tagesausflugs ist alles andere als farbenfroh. Im Shwenandaw-Kloster in Mandalay kann der Besucher in die Geschichte des Landes eintauchen. Das Besondere am Teak-Holz-Bau: Er wurde mehrfach ab- und an anderer Stelle wieder aufgebaut. Letztmalig ließ ihn König Thibaw Min im ausgehenden 19. Jahrhundert an den heutigen Standort außerhalb der Palastanlage versetzen. Für das Kleinod ein Glück. Und auch für die Touristen. Denn so fiel das Gebäude 1945 nicht dem verheerenden Feuer in der Stadt zum Opfer.
Heute fungiert der Bau als Museum. In einigen Räume ist die Vergoldung erhalten geblieben. Außen ist davon allerdings nichts mehr zu sehen. Dafür sind die Schnitzereien, Jatakas genannt, am Gebäude und an den Türen ein echter Hingucker. Und Anfassen ist erlaubt.
Durch ein Buch laufen
Beim nächsten Stop wird es wieder farbenprächtig. Auf dem Gelände der Kuthodaw-Pagode glänzt das Gold verführerisch in der Sonne. Dieser Glanz rührt von der Maha Lawka Marazein Pagode im Zentrum der Anlage. Sie zieht meine Blicke auf sich und buhlt um die Gunst, zum Zauber von Myanmar dazugerechnet zu werden. Die Gold-Stupa, habe ich gelesen, wurde nach dem Modell der Shwezigon-Pagode erbaut. Tage später, wenn ich in Bagan bin, werde ich mir die Zwillingsschwester der Marazein Pagode anschauen.
Was die Anlage hier am Fuße des Mandalay-Hügels so einmalig macht, sind die kleinen weißen Tempel, zwischen denen man rumspazieren kann. Sie reihen sich symmetrisch rund um die goldene Pagode. Insgesamt sind es 729 weiße Schreine. Jeder enthält eine Marmortafel. Darauf sind das Leben und die Lehren von Buddha verewigt. Wer das gesamte Werk – Sprachkenntnis vorausgesetzt – durcharbeiten will, braucht dafür 450 Tage. Dann muss er aber auch acht Stunden pro Tag flott durchlesen. Ob das wirklich stimmt, weiß ich nicht. Was ich aber weiß: In diesem Moment laufe ich durch das größte Buch der Welt. Ein tolles Gefühl. Und ich genieße es, dass ich ein Weltdokumentenerbe betreten darf.
Exakt ausgerichtet – die 729 weißen Stupas der Kuthodaw-Pagode.
Hügel voller Tempel
Zwei Tempelanlagen und ein Kloster – das soll es für den ersten Ausflugstag noch nicht gewesen sein. Denn jetzt kommt ein weiteres Tempel-Highlight. Um das zu sehen, muss man auf den Sagaing-Hügel. Der befindet sich etwa 20 Kilometer von Mandalay entfernt. Diesmal geht es nicht mit dem Tour-Bus zur Sehenswürdigkeit. Der Weg führt jetzt mit dem Boot über den legendären Ayeyarwady Fluss.
Schon bei der Anfahrt sehe ich viele Spitzen der insgesamt 600 Tempel und Klöster durch das üppige Grün der Bäume glitzern. Sie scheinen auf den Hügeln wie Pilze aus dem Boden zu schießen. Nur, dass Pilze keine goldenen Kappen tragen. Übrigens bietet sich mir später umgekehrt eine beindruckende Aussicht vom Hügel aus. Sollte man sich nicht entgehen lassen. Gehört zum Zauber von Myanmar.
Schon nach den ersten Schritten durch die prächtige Anlage der Soon U Ponya Shin Pagode weiß ich, dass das wohl einer meiner Lieblingstempel in Myanmar werden wird. Diese Farbenpracht überall nimmt mich vom ersten Moment an gefangen. Die Geschmäcker sind halt verschieden. Ich mag eben das Geglitzer und die Farbigkeit. So hält mich denn auch nichts mehr bei der Gruppe. Ich stromere begeistert durch die Gänge und schaue neugierig in die kleinen Schreine. Die Kamera glüht. Das Herz klopft. Dank des Audio-Sets habe ich aber immer den Reiseleiter mit seinen Beschreibungen und Geschichten im Ohr. Außerdem muss ich sicher gehen, dass die mich hier nicht vergessen.
Buddha mit Hase und Frosch
Die goldene Pagode auf der Plattform ist schon ein Hingucker. Sehenswerter finde ich allerdings den goldgewandeten weißen Buddha in der großen Gebetshalle. Rechts und links flankiert von Hase und Frosch. Diese Bronze-Tiere sollen an die früheren Inkarnationen von Buddha erinnern.
Weitere Blickfänge in der Anlage sind die Böden mit den symmetrischen Mustern sowie die Mosaike und funkelnden Spiegelsteinchen an Wänden und Säulen. Wie gesagt, ich liebe das. Wem das Farbenfeuerwerk zu intensiv ist, kann die Aussicht vom Hügel genießen. Das üppige Grün ringsum beruhigt das Auge. Und an Goldspitzen gibt es ringsum auch genug zu schauen.
Der erste Tag meiner Entdeckungsreise durch Myanmar neigt sich dem Ende. Ich nehme das Programm zur Hand und schaue, was morgen auf dem Plan steht. Nach Mingun wird es gehen. Eine unvollendete Pagode soll es dort geben, einen schneeweißen Tempel sowie eine der größten noch intakten Glocken der Welt. Auch auf der legendären U-Bein Brücke werde ich ein Stück laufen können. Ich freue mich auf den nächsten Tag und die Fortsetzung meiner Suche nach dem Zauber von Myanmar. Lies auch meinen Bericht vom Inle-See.
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