Sehenswerte Marmorböden und dekorative Wandgestaltungen, kostbares Mobiliar und prunkvolle Lüster – ein Blick in Potsdams prächtige Paläste.
Auf eigene Faust
Schuld ist ein bunter Flyer. Den hat mir eine Frau vor dem Potsdamer Hauptbahnhof in die Hand gedrückt. Angepriesen wird darin eine Stadt- und Schlösserrundfahrt durch die Hauptstadt des Landes Brandenburg. Ziele wie Schloss Cecilienhof, die Glienicker Brücke, Schloss Sanssouci natürlich, aber auch das Holländische Viertel sind als Stationen markiert. Touristische Sehenswürdigkeiten, die ich schon kenne. Aber das ebenfalls vermerkte Marmorpalais sowie das Neue Palais kenne ich noch nicht. So ist meine Neugier geweckt auf Potsdams prächtige Paläste.
An meinem ersten Erkundungstag zieht es mich also zum Neuen Palais. Ausgangspunkt für die Tour dorthin ist das Brandenburger Tor. Nein, nicht das in Berlin. Da wäre der Fußweg zum Schloss ziemlich weit. Potsdam hat auch ein Tor gleichen Namens. Und das steht passenderweise gleich neben meinem Hotel in der Brandenburger Straße. Also dann mal los und flugs durchs Tor, durch das schon die Fontäne auf dem Luisenplatz grüßt.
Friedrichs Lustarten
Zunächst geht es quer über den Luisenplatz. Den Springbrunnen lasse ich links liegen und schlendere wenig später über eine breite Allee. Die streckt sich bis zum sogenannten Grünen Gitter. Dieses grüne schmiedeeiserne Tor ist der Haupteingang zum Park Sanssouci. Park ist allerdings eine starke Untertreibung. Das 300 Hektar große Gelände, das zum Weltkulturerbe gehört, ist eher ein großer Landschaftsgarten. Fast 30.000 Bäume sollen hier wachsen, habe ich gelesen. Eine Zahl, die ich nicht nachprüfen kann und nicht will. Hergekommen bin ich auch nicht, um nachzuzählen, ob im Park tatsächlich mehr als 1.000 Skulpturen stehen. Ich möchte das mal glauben. Interessanter für mich sind vielmehr Potsdams prächtige Paläste.
Gelbe Strahlesonne
Zunächst lasse ich mich einmal mehr beeindrucken von der überaus wirkungsvollen Terrassenanlage von Schloss Sanssouci. Geformt wird sie aus sechs bepflanzten breiten Terrassen. In deren Mitte führen 132 Stufen – entsprechend der Anzahl der Terrassen sechs mal unterteilt – hoch zum wohl bekanntesten Schloss in Potsdam. Weil ich das Sommerschloss von Friedrich II., das der König von Preußen von 1745 bis 1747 errichten ließ, schon vor einiger Zeit besuchte, verweile ich diesmal nur kurz im Gartenparterre mit der Großen Fontäne im Zentrum. Nur mein Blick geht hinauf zu Friedrichs Lustschloss ohne Sorgen. Dabei erinnere ich mich gern an die Bacchanten aus Sandstein, die sich vor der gelben Fassade tummeln. Und natürlich auch an die wunderschönen grünen Gitterpavillions, geschmückt mit goldener Strahlesonne. Ihr Anblick hat mich schon als Kind begeistert.
Skulpturen auf hohen Sockeln
Ein letzter Blick im Gartenparterre schweift über die 12 kreisförmig um die Fontäne aufgestellten Skulpturen. Die blicken stolz von hohen Sockeln herab zu mir und strahlen dabei blendend weiß in der Sonne. Munteren Schritts lasse ich nun die breite Treppe hoch zum Lustschloss des Alten Fritzen einfach rechts liegen und biege auf die Hauptallee ein. Mein Ziel ist wie erwähnt das Neue Palais. Und das liegt am anderen Ende des Parks. Der übrigens streckt sich rund zwei Kilometer von Ost nach West. Da sind schon einige Schritte zu laufen. Aber ein bissel was muss man schließlich tun, um Potsdams prächtige Paläste zu erobern.
Abstecher zur Mühle
Beim Schlendern auf der Hauptallee stoße ich auf eine weitere Fontäne. Die ist wesentlich kleiner als die im Gartenrondell. Da noch etwas Zeit bleibt bis zu meinem gebuchten Besichtigungstermin im Neuen Palais, entscheide ich mich für einen Abstecher zu den Neuen Kammern. Das ebenerdige Gebäude ist nach dem Neuen Palais das zweite Gästeschloss, das der Soldatenkönig erbauen ließ. Hinter der fast schmucklosen Fassade sollen sich glanzvolle Festräume und Appartements verbergen. Die muss ich mir halt später ansehen, wenn ich wieder nach Potsdam komme. Also deshalb nur ein kurzer Blick auf die historische Mühle, die hinter den Neuen Kammern vorlugt. Dann treibt mich der Zeitplan weiter. Zurück zur Hauptallee und dann zum Musenrondell.
Graziles Teehaus
Von hier biege ich nach links ab. Nach etlichen Gehminuten schimmert ein kleines Gebäude durch die Bäume. Es ist das Chinesische Haus. In den 1770er Jahren auf kleeblattförmigem Grundriss errichtet, sorgt der effektvoll dekorierte Gartenpavillon inmitten von schattigen Bäumen für asiatisches Flair. Sozusagen Asien in Europa. Hingucker sind die lebensgroßen Figuren. Die grüßen mich sitzend oder stehend, einzeln oder in Gruppen, während ich das grazile Teehaus umrunde. Ihre Vergoldung glänzt in der Sonne und bildet einen tolle Kontrast zum grünen Anstrich des Chinesischen Hauses.
Mandarin mit Schirm
Beinahe bodentiefe Fenster und Türen lassen ahnen, dass es im Innern des Teehauses lichtdurchflutet sein muss. Überprüfen kann ich das aus Zeitmangel leider nicht. Dafür begeistert mich der Anblick der vergoldeten Palmsäulen, die an zwei Seiten den Dachvorbau stützen. Ein letzter Blick gilt dem vergoldeten Mandarin. Mit aufgespanntem Schirm thront er auf dem zylindrischen Dach-Aufbau und schaut erhaben auf die Besucherschar zu seinen Füßen. Ich verabschiede mich von dem hübschen Haus und trete den Rückzug an – zurück zur Hauptallee.
Schicker Protzbau
Vom Chinesischen Haus ist es noch ein gutes Stück zu gehen bis zum Palais. Die schnurgerade Hauptallee stößt direkt auf das 1769 fertiggestellte barocke Schloss. In der Ferne kann ich schon den roten Zweieinhalbgeschosser sehen. Aber es braucht doch so seine Zeit, bis ich endlich vor der imposanten Schloss-Fassade stehe. Die misst 220 Meter und schmückt sich oben mit einer mittig aufgesetzten, rund 50 Meter hohen Tambour-Kuppel. Rings um das Palais sind auf Balustraden und Sockeln etwa 400 Großskulpturen versammelt. Manche tragen grazil geformte Kandelaber oder nutzen die Laternen als Stützen. Süß die Putten-Köpfchen über den kleinen runden Fenstern. Deren unterteilte Scheiben erinnern an Spinnennetze. Links und rechts der Hauptfassade sehe ich eingeschossige Nebenbauten. Auch sie tragen jeweils eine große Kuppel.
Bei so viel Schönheit will ich gern glauben, dass Friedrichs Plan damals aufgegangen ist und er mit diesem Repräsentationsbau seine illustren Gäste schon von außen mächtig beeindruckt hat. Denn für deren pompöse Beherbergung wurde der Protzbau am Westende des Parks schließlich errichtet. Ob Majestät das innen auch gelungen ist, werde ich in wenigen Minuten sehen.
Zutritt nur mit Führung
Dass das Neue Palais eine Dreiflügelanlage ist, sehe ich erst, als ich es umrundet habe. Auf die Hofseite muss ich sowieso, denn hier liegt der Zugang für Schlossbesucher. Während man den Park Sanssouci gratis und auf eigene Faust erkunden kann, ist der Besuch im Neuen Palais nur im Rahmen einer Führung möglich. Die muss natürlich bezahlt werden. Und es gibt für den Rundgang ein Zeitfenster.
Besuch der Königswohnung
Etwa 300 Appartements und Festsäle beherbergt das Neue Palais. Darunter sind der Grottensaal, die Marmorgalerie, die Königswohnung, die Fürstenquartiere und das Schlosstheater. 60 Räume sind der Öffentlichkeit zugänglich. Ich habe für diesen Nachmittag zwei Führungen in Friedrichs Gästeschloss gebucht. Der erste Rundgang führt meine kleine Gruppe in die Königswohnung. Sie ist im Südostflügel untergebracht und wurde zeitweilig von Friedrich dem Großen bewohnt; später auch vom letzten deutschen Kaiser, Wilhelm II.
Gemälde in der Blauen Kammer
Die Königswohnung beansprucht nur einen Bruchteil der Zimmer im Sommerschloss – nämlich bescheidene sieben. Die sind erwartungsgemäß aber prunkvoll ausgestattet. Während der Besichtigungstour bekommt man eine Vorstellung von der Pracht und dem Luxus damaligen königlichen Wohnens. Der erste Raum, den ich betrete, ist die sogenannte Blaue Kammer. An den blauen Wänden des großen Raumes sind Gemälde berühmter Maler versammelt. Dieses Gemäldekabinett diente, so ist zu erfahren, als Aufenthaltsraum, um etwa auf den Konzertbeginn zu warten. Oder wenn man beim König vorstellig werden wollte. Da gab´s zum Zeitvertreib in der Blauen Kammer halt was zum Gucken.
Bei Majestät am Bett
Im angrenzenden Raum, der rosafarbenen Kammer, liegt der Fokus auf Meissener Porzellan. Solche Vasen habe ich noch nie gesehen. Ich erfahre, dass es sogenannte Schneeballvasen sind, die da auf den Simsen drapiert sind. Einige kamen als Kriegsbeute aus Sachsen, höre ich von der Schlossführerin, bevor sich das Konzertzimmer vor uns auftut. Zahlreiche Spiegel registriere ich hier und üppige goldene Ausschmückungen an Decken und Wänden. Dann betritt die Gruppe Friedrichs Arbeitszimmer. Die kostbaren Seidentapeten und die Spindler-Kommode mit Perlmutt registriere ich sofort. Und während ich noch schwärme, stehe ich plötzlich beim König am Bett.
Friedrichs Lieblingsort
Doch wie zumeist: Das Beste kommt zum Schluss. Und das ist die Bibliothek Friedrich II. Bevor ich einen Blick in die Vitrinen werfe, schaue ich mir den weißen Ofen in der Nische an. Ihn ziert ein Drachen. Der Ofen wurde angeblich nie benutzt, die Bücher aber wohl. Denn Friedrich der Große soll ein Bücherwurm gewesen sein, erfahre ich. Sechs Bibliotheken nannte er sein eigen. Von den mehr als 2.000 Bänden im Neuen Palais soll er die meisten gelesen und sich darin auch Notizen gemacht haben. Das hätte ich mir gern angesehen. Geht aber nicht. Die Vitrinen sind verschlossen. Und so studiere ich schnell noch einige Buchrücken, bevor die Audienz bei Königs zu Ende geht. Etwas Zeit bleibt anschließend noch für eine Kaffeepause. Dann beginnt Runde 2.
Staunen im Grottensaal
Die prunkvolle Ausstattung der Königswohnung hat mich beeindruckt. Mal sehen, ob das noch zu toppen ist, überlege ich im Vestibül des Neuen Palais. Hier beginnt mein zweiter Rundgang. Der führt mich in andere Bereich des Sommerschlosses. Wenige Schritte nach Verlassen der Vorhalle bekomme ich die Antwort: Unsere kleine Gruppe steht in einem Saal, der so was von prachtvoll ausschaut. Weniger wegen der Möbel, denn die gibt es kaum im Saal. Es sind vielmehr die Wände, der Boden und die Decke. Angesichts der Fülle, was es hier zu sehen gibt, weiß man zunächst nicht, wo man zuerst hinschauen soll. So viele Eindrücke stürmen auf den Betrachter ein. Die Schlossführerin versteht es aber, unsere Aufmerksamkeit auf die Highlights zu lenken.
Auf dem Teppich bleiben
Wir erfahren, dass mehr als 20.000 unterschiedliche Mineralien, Muscheln, Schnecken, Gesteine und Fossilien die Wände und Nischen des als Grotte hergerichteten Saals schmücken. Den aus Naturmaterialien geformten Kunstwerken, die eindrucksvoll von den Wänden glitzern und funkeln, kann der Besucher ziemlich nahe kommen. Allerdings gilt die Devise: Immer schön auf dem Teppich bleiben. Heißt: Nicht die grauen Läufer verlassen. Die schützen den kostbaren Marmorboden vor den vielen Touristenfüßen. Wie fast immer in solchen herrschaftlichen Häusern, so lohnt auch hier ein etwas längerer Blick nach oben. Die ebenfalls mit Naturmaterialien dekorierte Decke schmückt zusätzlich das Gemälde „Venus und Amor, die drei Grazien und Putten“. Ein Hingucker.
Lebendiger „Bodendecker“
Beim Anblick des Grottensaals bin ich mir fast sicher, es gibt keine optische Steigerung mehr im Gästeschloss. Doch da irre ich mich. Steigerungen sind möglich, wie ich beim Betreten des Marmorsaals erkenne. Der zentrale Festsaal ist zu Recht das Herzstück des Prunkschlosses. Vier riesige Gemälde schmücken die Wände. Blickfang und Kontrast zum architektonisch streng gegliederten Raum aber ist der fast beschwingt wirkenden Steinfußboden. Er soll in seinen Dimensionen und seiner Ausführung ein Meisterwerk der Innenraum-Dekoration sein, ist während des Rundgangs zu hören. Das will ich gern glauben. Ich jedenfalls bin begeistert von dem schwungvollen Muster. Es vermittelt den Eindruck, als lebe der 600 Quadratmeter große fast lebendig wirkende „Bodendecker“.
Schmucke Marmorgalerie
So sehenswert wie der Marmorsaal mit seinem Fußboden im Ornamentstil auch ist, der schönste Saal im Neuen Palais ist für mich die lichtdurchflutete Marmorgalerie. Auf dem Weg in die Königswohnung habe ich vor einer Stunde hier schon mal kurz reinschauen dürfen. Der üppig mit Marmor und großen Spiegeln ausgestattete lange Raum wurde bei Festlichkeiten als Speisesaal genutzt. Beim Anblick dieser schmucken Galerie, die man nicht betreten, wohl aber ein Stück auf grauem Teppich hineingehen darf, könnte ich glatt ungehorsam werden und das Weitergehen mit der Gruppe verweigern. Aber die Vernunft siegt. So mache ich schnell ein paar Fotos für späteres Betrachten daheim.
Luxus im Oval
Auch andere Zimmer, die während der Führung zugänglich sind, sollen hier Erwähnung finden. Da ist die prunkvolle Rote Damastkammer, einer meiner Favoriten. Wie es der Name schon ahnen lässt, sind die Wände mit rotem Damast bespannt. Knallrot ist auch die Wandbespannung im luxuriösen Tressenzimmer im Unteren Fürstenquartier. Sie soll wohl noch aus der Zeit des Schlossbaus stammen. Üppig mit Goldelementen verziert präsentiert sich das Untere Konzertzimmer. Die Wände sind mit Gemälden und Spiegeln dekoriert. Hier wird Friedrich II. wohl so manche Stunde mit dem Querflötenspiel zugebracht haben. Geübt hat er sicherlich auch im Konzertzimmer der Königswohnung.
Und ein weiteres Zimmer mit kostbarer Ausstattung begeistert mich. Das ist das Ovale Kabinett. Der Blick wandert hier automatisch in die Höhe. Von der Decke „wachsen“ unzählige Ranken nach unten dem Betrachter zu. Sehr wirkungsvoll. Ein Wermutstropfen des Rundgangs: Das barocke Schlosstheater bleibt während meines Besuchs verschlossen. Da kann mich auch nicht trösten, dass ich mal in das schicke Badezimmer der Kaiserin schauen darf.
Imposante Wirtschaftsgebäude
Was wären Potsdams prächtige Paläste ohne die, die das luxuriöse Leben darin erst möglich machten: die Bediensteten. Sie waren in den Communs untergebracht. Zusammen mit den Köchen und der Dienerschaft der Gäste. Die beiden recht imposanten Wirtschaftsgebäude, die selbst die Anmutung kleiner Schlösser haben, strecken sich gegenüber der Hofseite des Sommerschlosses. Halbrund angelegte Kolonnaden mit einem Triumphtor in der Mitte verbinden die beiden barocken Gebäude. Zudem gibt es praktischerweise für die Versorgung einen unterirdischen Gang. Der führt ins Neue Palais.
Doppeltreppe mit Schwung
Gern würde ich in die Gebäude reinschauen. Doch Historisches gibt es drin wohl nicht mehr zu sehen. Denn die Communs und der Marstall sind heue das Domizil der Uni Potsdam. Aber die Stufen der schwungvollen Doppeltreppen-Anlage des Nordgebäudes kann ich wenigstens mal hochsteigen. Von der Verbindungsplattform habe ich einen schönen Blick auf das majestätische Palais. Die Wachhäuschen am Zugang zum Schlosshof kann ich gut erkennen. Mit diesem Ausblick nehme ich Abschied vom Gästeschloss. Schon kurze Zeit später schlendere ich zufrieden durch den Park Sanssouci. Es geht zurück zu meinem Hotel am Brandenburger Tor.
Schloss am See
Wer Potsdams prächtige Schlösser kennenlernen möchte, sollte seine Schritte unbedingt auch in den Norden der Stadt lenken. Quer durch den 102 Hektar großen Neuen Park schlendernd, vorbei an der Orangerie und sehenswerten Blumenrabatten, stoße ich direkt auf das Marmorpalais. Das kleine aber feine Schloss ließ Friedrich Wilhelm II. zwischen 1787 und 1793 errichten. Der Neffe und Nachfolger des kinderlos gebliebenen Friedrich II. nutzte das Palais am Ufer des Heiligen Sees als privaten Rückzugsort. Hier spielte der leidenschaftliche Musiker täglich zwei Stunden auf seinem Cello. Auch ein Konzert von Beethoven im Jahr 1796 ist verbürgt.
Das Marmorpalais mit seiner frühklassizistischen Ausstattung kann ebenfalls besichtigt werden. Allerdings ebenfalls nur im Rahmen einer Führung. Da bis zu meinem gebuchten Termin noch etwas Zeit bleibt, spaziere ich um die schicke Sommerresidenz, errichtet im effektvollen Wechselspiel aus unverputztem Backstein und schlesischem Marmor. Bis zur Terrasse laufe ich. Die grenzt direkt an den Heiligen See. Treppen führen hinab zum Wasser. Hier legten einst die Boote der illustren Gäste an.
Kubus mit Flügeln
Wenig später betrete ich mit vier weiteren Besuchern den Hauptbau des Marmorpalais. Dessen Flachdach ziert ein Rundtempel. Eine gute Aussicht soll man von dort oben haben. Erwähnt sein soll an dieser Stelle, dass der ursprünglich kubische Bau Jahre nach Fertigstellung durch zwei beidseits angebaute einstöckige Flügel ergänzt wurde. Grund war, dass dem inzwischen kranken König das Treppensteigen erspart werden sollte. In den Genuss der baulichen Veränderung kam er allerdings nicht. 1797 starb Friedrich Wilhelm II. im Marmorpalais.
Nur mit Pantoffeln
Doch zurück zum Rundgang. Der beginnt gleich mit etwas Gewusel. Denn jeder von uns muss erst mal in die rustikalen Pantoffeln schlüpfen. Dann geht es schlurfend über die intarsienreichen Fußböden. Und die sind in jedem der Zimmer ein Hingucker. Die außergewöhnlich schönen wie grafischen Musterungen erinnern mich irgendwie an die Bilder des niederländischen Grafikers M.C. Escher. Nicht minder beeindruckt bin ich von der Treppenhalle. Ihre Schönheit und Eleganz ist schwer zu beschreiben. Man muss selbst mal drin gestanden und nach oben geschaut haben. Ebenso bewundernswert im gesamten Gebäude ist die edle Innenausstattung aus der damaligen Zeit. Dazu zählen auch zwei Standuhren. Die sollen aus dem Nachlass von Madame de Pompadour stammen. Was mir eigentlich egal ist. Ich finde die reich verzierten Zeitmesser auch so sehr schön.
Wie Escher-Grafiken
Potsdams prächtige Paläste geben allen Anlass zum Schwärmen. So finde ich auch im Marmorpalais viele Gründe, begeistert zu sein. Etwa im ebenerdigen Grottensaal. Der ist mir Marmor ausgekleidet und wurde als Speisesaal genutzt. Nur durch eine Tür dürfen Besucher in den großen Raum mit Seeblick reinschauen. Betreten des Marmorbodens geht leider nicht. Eine Augenweide ist auch die Kammer en Camaieu mit der effektvollen Wandbemalung. Beim Anblick des Fußbodens kommen mir erstmals die Escher-Grafiken in den Sinn. Um Aufmerksamkeit buhlt auch die Sammlung von Wedgwood-Vasen auf den Simsen. Nicht minder kostbar sind die Gemälde im Lila Salon. Der liegt im Südflügel des Schlosses. Hier lohnt ebenfalls wieder ein Blick an die schön gestaltete Decke.
Orientalisches Kabinett
Die wohl schönsten Räume gibt es im Obergeschoss des Hauptbaus zu besichtigen. Da schlurfen wir zunächst durch den herrlichen Festsaal. Der dehnt sich über die ganze Breite des Baus. Winzig dagegen, doch nicht minder schön, ist das Orientalische Kabinett. Aufmerksamkeit verdienen hier das in Falten gelegte Zeltdach, die geraffte seidene Wandbespannung und der türkische Diwan. Zu den Prachtstücken im Schloss zählt der Ovale Saal. Das Eichenparkett zeigt in der Mitte eine kostbare Einlegearbeit aus Mahagoni- und Ahornholz. So meisterlich wie der Boden so ist auch die Deckengestaltung. Auf dem ovalen Deckengemälde sind „Helios und Aurora“ zu sehen.
In der Russischen Kolonie
Nicht nur Potsdams prächtige Paläste sind ein Argument, die brandenburgische Hauptstadt zu besuchen. Neben den eingangs erwähnten Sehenswürdigkeiten der Stadt ist auch die Russische Kolonie Alexandrowka einen Abstecher wert. Die Kolonie wurde Anfang des 19. Jahrhunderts errichtet und steht ebenfalls auf der Welterbe-Liste. Auf dem Rückweg vom Marmorpalais zu meinem Hotel biege ich nach rechts und schaue mir einige der zünftigen Holzhäuser an. Ein wirklich schöner Anblick.
Empfehlungen für Schlossbesucher
Nicht nur Potsdams prächtige Schlösser sind ein Magnet für Liebhaber herrschaftlicher Anwesen. In Sachsen beispielsweise gibt es viele davon. Darunter findet sich auch das älteste noch erhaltene Schloss Deutschlands. Es ist die Albrechtsburg in Meißen. Nicht weit davon stößt man bei Dresden auf Aschenbrödels Schloss Moritzburg. Beim Streifzug durch das Schloss Hartenfels in Torgau kann der Besucher den sehenswerten Wendelstein sehen sowie die erste von Luther geweihte Kirche. Ein Juwel des Barock ist das Witwenschloss in Delitzsch. Auch in Thüringen locken sehenswerte Schlösser wie die Heidecksburg oder das Barockschoss Friedenstein in Gotha. In Sachsen-Anhalt ist das Schloss Köthen mit seinem berühmten Spiegelsaal einen Besuch wert.
Viele Schlösser warten auch in Bayern. Beispiele sind die Residenz in Würzburg sowie die Schlösser in Bamberg und Nürnberg. Ebenso interessant ist auch ein Schlossbesuch in Regensburg.
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