Hoch überm Elbtal erhebt sich die Albrechtsburg und prägt mit den Türmen des Doms die Silhouette der Stadt – eine Tagestour durch Meißen.
Majestätischer Gruß vom Burgberg
Ja, das ist die Stelle. Genau hier, wo die Bahnhofstraße in weitem Bogen nach links auf die Altstadtbrücke schwenkt. Hier habe ich einen trefflichen Blick auf die Albrechtsburg. Hoch vom Burgberg, am Fuße eingerahmt von einer Vielzahl Gebäude mit farbenfrohen Fassaden, grüßt sie stolz vom gegenüberliegenden Ufer. Und spiegelt sich im Wasser der Elbe. Mit diesem malerischen Anblick beginne ich meine Tagestour durch Meißen, jener Sachsen-Stadt, aus der das weltberühmte Porzellan mit den gekreuzten Schwertern stammt.
Frisch poliertes Pflaster
Ziel meines Ausflugs ist diesmal jedoch nicht die Manufaktur. Die habe ich vor einigen Jahren schon mal besuchen dürfen. Mich zieht es vielmehr zur ältesten Schlossanlage Deutschlands. Und zu dem nicht minder berühmten Meißner Dom. Dessen dunkle Türme heben sich deutlich vom Weiß der Albrechtsburg ab. Beide Sehenswürdigkeiten will ich mir aus der Nähe anschauen. Also flugs die Altstadtbrücke überquert und über die lange Elbstraße mitten hinein ins Herz der liebevoll sanierten Altstadt von Meißen. Hier empfängt mich der Markt mit seinem mittelalterlichen Pflaster. Nach einem Regenguss glänzen die groben Steine wie frisch poliert.
Prachtvolle Renaissance-Bürgerhäuser mit farbenfrohem Anstrich rahmen im Carré den weitläufigen Platz. Geradeaus dominiert das weiß leuchtende Rathaus – ein spätgotisches Gebäude mit drei schmucken Zwerchhäusern im Dachbereich. Eine Sonnenuhr kann ich rechts vom Eingang an der Fassade ausmachen. Wie es drinnen in dem im 15. Jahrhundert errichteten Gebäudes aussieht, schaue ich mir später an. Die Tagestour durch Meißen hat ja erst begonnen.
Glockenspiel im Turmfenster
Doch zunächst lenke ich meine Schritte zur Frauenkirche, die eingangs des Marktes gleich linkerhand grüßt. Blickfang des 1205 erstmals erwähnten Gotteshauses ist der weiß verputzte Kirchturm. Doch nicht seine achteckige barocke Haube ist das Highlight, sondern gleich darunter das erste spielbare Porzellanglockenspiel der Welt. Es wurde 1929 installiert. Aus einer gotischen Fensteröffnung strahlen mir auf sieben Ebenen 37 weiße Glocken entgegen. Und sie hängen da nicht nur so rum. Sondern sechs Mal am Tag klingt jeweils ein anderes Musikstück über den Platz.
Ich könnte jetzt die 193 Turmstufen hinaufsteigen und mir dabei das Glockenspiel aus der Nähe ansehen. Und dazu noch von ganz oben einen schönen Blick auf den Markt, die schmalen Gassen und die Häuser genießen. Aber ich will bei meiner Tagestour durch Meißen die Kräfte einteilen. Der Aufstieg zum Domplatz steht ja noch bevor. Und bei der Besichtigung von Dom und Albrechstburg braucht man ja auch Stehvermögen. Also schaue ich nur schnell noch rein ins Gottesaus und bewundere den geschnitzten Altar.
Über steile Stufen zum Schloss
Sicher könnte ich den Panoramaaufzug nutzen und wäre flugs auf dem Domplatz. Doch bei meiner Tagestour durch Meißen will ich viel sehen. Also entscheide ich mich für den Aufstieg. Der führt vorbei an hübschen Häusern mit farbenfrohen Fassaden. Drin sind kleine Geschäfte untergebracht, die originelle Namen tragen wie der „Einseifer“. Jetzt also noch die steilen Schlossstufen hoch und das Torhaus passiert und nach wenigen Schritten liegt vor mir der Domplatz.
Kombi-Ticket für Besichtigung
Der Domplatz hat die Anmutung eines Hofes, umstellt von zahlreichen Gebäuden. Im Zentrum, genau in meinem Blick, strahlt mir die Albrechtsburg in schönstem Weiß entgegen. Ziemlich düster dagegen nimmt sich rechts vom Schloss der Meißner Dom aus. Seine beiden markanten Türme streckt er 81 Meter in die Höhe und seinen westlichen Vorbau mir demonstrativ entgegen. Was ich als Aufforderung verstehe, mir die gotische Kathedrale zuerst anzusehen. Also lasse ich das Schloss links liegen und laufe zum Westtor des Gotteshauses. Das aber ist verschlossen. Weshalb ich am 100 Meter langen Kirchenschiff vorbei zum Nebeneingang schlendere. Kostenlos ist die Besichtigung des Doms freilich nicht. Doch mit dem gekauften Kombi-Ticket habe ich später auch Zutritt zur Albrechtsburg.
Gotik vom Feinsten
Schon beim Betreten des Doms ahne ich, dass ich hier nicht so einfach durchhuschen kann. Sondern ich muss mir Zeit lassen. Denn es gibt viel zu sehen in dem von Licht durchfluteten Gebäude. Bevor sich die Details herausschälen, bin ich erst mal beeindruckt von den Dimensionen des Kirchenschiffs. Das strebt fast 18 Meter in die Höhe und wird dominiert von den in Reihe stehenden mächtigen Pfeilern. Gotik vom Feinsten, wie ich finde. Bevor ich aber an den Pfeilern vorbei schreite zur Fürstengruft, steige ich links am Achteckbau die Stufen hoch zur Johanneskapelle und dann weiter zur Empore. Von der habe ich einen guten Blick auf die Bestuhlung im Mittelschiff sowie auf den Lettner. Den nehme ich später unter die Lupe.
Opulenter Figurenschmuck
Wieder unten angekommen, lenke ich meine Schritte hin zum Westportal. Das setzt sich mit einem überaus effektvollen Figurenschmuck in Szene. 15 Engelchen auf terrakottafarbenen Fialen bilden den Abschluss eines kunstvollen Tympanons. Das Westportal stammt aus dem 14. Jahrhundert. Es wurde allerdings wenig später zum Innenportal, nachdem man hier im 15. Jahrhundert die Fürstenkapelle anbaute. Dass die Kapelle eine Grabstätte ist, davon zeugen in der Mitte des Raums die große bronzene Grabtumba, in der Markgraf Friedrich der Streitbare seine letzte Ruhe fand, sowie weitere Bronze-Grabplatten ringsum.
Gewänder in Vitrinen
Nach der Besichtigung der Fürstenkapelle zieht es mich nun – vorbei an den Stifter- und Patronatsfiguren – zurück zum Lettner. Der wirkt wie ein überdimensionaler hölzerner Raumteiler. Und genau das ist auch seine Funktion. Denn er trennt das Mittelschiff vom dahinter liegenden hohen Chor. In dem reichlich schmalen Raum stoße ich auf den Hauptaltar des Doms. Auch in diesem Bereich fällt mir wieder wie in der Fürstenkapelle die interessant gestaltete Gewölbedecke auf. Einige Fotos später passiere ich ein schönes Portal und betrete die Sakristei. Hier haben sich die Geistlichen für den Gottesdienst angekleidet. Was sie so anhatten, ist neben einigen Reliquien in Vitrinen ausgestellt.
Gotteshaus im Wandel
Auf mich wirkt der Dom wie ein Bauwerk aus einem Guss. Doch seit acht Jahrhunderten wird immer wieder etwas verändert, angebaut oder neu gebaut. So wie die beiden schlanken Türme des Doms. Man mag es kaum glauben, aber die sind wirklich erst im 20. Jahrhundert dazu gekommen und prägen also noch nicht so lange die Silhouette der Porzellan-Stadt.
Eierschecke überm Häusermeer
Nach so viel Architektur und Geschichte muss ich mich erst mal stärken. Deshalb zieht es mich ins Café am Dom. Hier verspricht in schönstem Sächsisch eine Tafel am Eingang, wonach auch mir grad der Sinn steht: nach etwas Schnerblichem. Ich bestelle also Eierschecke mit Kirschen und Kaffee. Und wenig später genieße ich von der Terrasse die Aussicht über Häusermeer und Elbtal.
Geschichte in der Hand
Ausgeruht setze ich meine Tagestour durch Meißen fort. Nun ist Zeit für die Erkundung der Albrechtsburg. Also dann nichts wie rein in das Meisterwerk der spätgotischen Architektur! Nachdem ich mein Kombi-Ticket vorgezeigt habe, werde ich vom Personal erst mal technisch ausgerüstet. Ich bekomme ein HistoPad. Mit dem Tablet-Guide – im Eintrittspreis inbegriffen – halte ich sozusagen die Geschichte in der Hand. Und wenn ich will, kann ich mich bis ins 15. Jahrhundert zurück beamen. Ich muss nur das Pad für einen kurzen Scan in bestimmten Räumen an eine Art Würfel halten. Schon erwacht für mich das Schlossleben.
Zum Bankett in Filzlatschen
Das probiere ich gleich in der Großen Hofstube aus, dem größten Raum des Wohnschlosses. Und schwupps lande ich mit meinen Museumspantoffeln im Jahr 1493, mitten im Festbankett zu Ehren von Friedrich dem Weisen. Je nachdem, wie ich meine interaktive „Zeitreise-Maschine“ nun drehe, habe ich die üppig gedeckte Tafel im Blick und die Gäste in ihrer Festkleidung. Oder ich kann die Einrichtung beäugen. Und natürlich höre ich dabei das Geplapper und Geklapper und irgendwie fühle ich mich mittendrin im Mittelalter.
Monumentales Wand-Bilderbuch
An neun Stationen lasse ich die Vergangenheit auferstehen. So auch in der Modellierstube der Porzellanmanufaktur. Die wurde 1710 auf Geheiß von August dem Starken auf der Albrechtsburg eingerichtet. Bis sie 1863 in ein neues Domizil umzog und somit Ende des 19. Jahrhunderts Platz machte für eine neue Pracht. Um die zu entdecken, brauche ich das Pad nicht. Denn die monumentalen Wandgemälde, die historische Ereignisse und Persönlichkeiten zeigen, sind nicht zu übersehen. Sie stellen eine Art gemaltes historisches Wand-Bilderbuch dar, das größte übrigens in Deutschland. 43 dieser Kunstwerke sind in elf Räumen zu besichtigen. Dazu kommen noch 18 kleinere Porträts. 15 sind im zweiten Obergeschoss versammelt. In Form von Medaillons erinnern sie im Frauenzimmer an die Gattinnen von wettinischen Herrschern.
Das architektonische Highlight der Albrechtsburg aber mache ich über meinem Kopf aus. Die vielfach gefalteten Gewölbedecken, sogenannte Zellengewölbe, beleben die Räume ungemein. Besonders beeindruckt mich das Schlingrippen-Gewölbe im Wappensaal. Doch auch die Fußböden mit ihren phantasievollen geometrischen Mustern sowie die Vorhang-Bogenfenster etwa in der Großen Hofstube sind ein Hingucker. Ebenso wie der Große Wendelstein, ein Meisterwerk des Treppenbaus. Na ja, und so viele schöne Kachelöfen in einem Schloss versammelt habe ich lange nicht mehr gesehen.
Zum Abschied gibt`s Fummel
Den berühmten Dom habe ich besichtigt und die Albrechtsburg. Auch vieles Schöne entdeckte ich beim Tagesausflug durch Meißen. Nur ein Geheimnis muss noch gelüftet werden. Das vom „Meißner Fummel“. Das Gebäck mit dem sonderbaren Namen liegt im Schaufenster der Bäckerei an den Roten Stufen. Meine Negier treibt ich ins Café. Dort erzählt mir die freundliche Bedienung die Geschichte vom Fummel.
Einfallsreicher Kurfürst
Und die Geschichte geht so. Zwischen Dresden und Meißen verkehrte dereinst regelmäßig ein Kurier des Kurfürsten zu Sachsen. Der Reiter sprach offensichtlich in der Schänke gern dem Meißner Wein zu. Er trank mehr als ihm guttat. Was seine Zuverlässigkeit stark beeinträchtigte. Das wiederum machte den Kurfürsten sauer. So befahl dieser der Meißner Bäckerzunft, ein leicht zerbrechliches Gebäck herzustellen – den Fummel. Den musste der reitende Trunkenbold gleich nach Ankunft aus Meißen dem Kurfürsten unzerstört vorzuweisen.
Touristen, so erzählt die Bedienung, würden sich heute gern auf das Wagnis einlassen und versuchen, einen Fummel im Ganzen nach Hause zu bekommen. Wenn´s nicht klappt, kann man ja noch mal nach Meißen kommen und Nachschub holen. Den Fummel brauche ich allerdings nicht. Denn fest steht: Ich komme auf alle Fälle wieder – zu einer weiteren Tagestour durch Meißen.
Wer gern Schlösser besucht, dem kann ich das nahegelegene Schloss Moritzburg oder das Schloss Friedenstein in Gotha (Thüringen) empfehlen. Auch die Heidecksburg in Rudolstadt (ebenfalls in Thüringen) ist ein lohnendes Ziel. Den wohl schönsten Großen Wendelstein habe ich in Schloss Hartenfels in Torgau (Sachsen) gesehen. Als Barock-Juwel gilt das Schloss Delitzsch in Sachsen. In Sachsen-Anhalt lockt Schloss Köthen mit seinem schönen Spiegelsaal zum Besuch. Auch Bayern punktet mit sehenswerten Schlössern, etwa in Nürnberg oder in Bamberg.
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