Der Dezember ist die richtige Zeit für ein besonderes Abenteuer. Ein eintägiger Trip zum Weihnachtsmann führt mich nach Finnland, an den nördlichen Polarkreis. Dort fahre ich mit einem Hundeschlitten, dirigiere ein Rentier in der eisigen Spur und sause mit dem Schneemobil durch die Winterlandschaft von Finnisch Lappland. Und kurz vor meiner Abreise wechsle ich noch ein paar Worte mit dem Weihnachtsmann. Schließlich muss der alte Herr ja wissen, was ich mir zum Fest wünsche.
Nonstop in den Winterwald
Es gibt ihn tatsächlich, den Weihnachtsmann. Ja, wirklich. Ich habe ihn selbst gesehen. Und dem in aller Welt berühmten alten Herrn sogar die Hand geschüttelt. Natürlich bin ich mit ihm auch meine nicht ganz kurze Geschenkeliste durchgegangen. Schließlich muss sich ein Trip zum Weihnachtsmann ja lohnen. Auch wenn es nur ein Tag ist. Hin- und Rückflug inklusive. Dass ich den gutmütigen Rauschebart im Dezember getroffen habe, dafür gibt es sogar einen fotografischen Beweis. Aber alles der Reihe nach.
Aus der Kiste, auf die Piste
Mein Wecker klingelt an diesem Tag ziemlich zeitig. Eigentlich ist es fast noch Nacht, als ich aus dem warmen Bett krabble. Schnell duschen, ein bissel was essen und dann ab auf die Piste. Zum Flughafen. Pünktlich 5.50 Uhr hebt die Boeing 737 ab. Das Ziel des Nonstop-Flugs ist Finnland. Genauer gesagt Lappland. Und noch exakter: Es geht nach Rovaniemi. Das ist die Hauptstadt Lapplands. Sie liegt knapp drei Flugstunden von meinem Bundesland Sachsen-Anhalt entfernt. Kurz vor 10 – wegen der einstündigen Zeitverschiebung – klettere ich aus dem Flieger. Und mich begrüßt eine traumhafte Winterlandschaft. Sie wird einen Tag lang meine Erlebnisse in Lappland umrahmen. Und ich erlebe in den paar Stunden im SantaPark ziemlich viel. Möglich ist das, weil die Entfernungen von einem zum nächsten Event gering sind. Nur wenige Minuten mit dem Tour-Bus oder ein paar Schritte liegen die Stationen, die ich ansteuere, entfernt.
Das Tageslicht nutzen
Die Tage im winterlichen Lappland sind kurz, der Schnee ist hoch und die Temperaturen sind ziemlich niedrig. Von der Kälte spüre ich zunächst nichts. Denn gleich nach der Landung wechsle ich mit den anderen Ankömmlingen in einen der kleinen Busse. Nur ein paar Fahrminuten vom Airport Rovaniemi entfernt liegt das Ziel: Santa Claus Village. Das gilt, obwohl einige Länder anderer Meinung sind, als offizielle Heimstatt des Weihnachtsmanns. Die Streitereien sind mir ziemlich egal. Dafür freue ich schon, den weltberühmten Mann persönlich kennenzulernen. Ein paar Stunden muss ich allerdings noch warten. Denn zunächst soll das im Winter nur kurze Tageslicht ausgenutzt werden für allerlei Aktivitäten.
Zuerst zur Winterfestmachung
Als erstes geht es deshalb zur Winterfestmachung in ein mittelgroßes Gebäude. Dessen Inneres erinnert mich irgendwie an eine Turnhalle. Mit langen Bänken, in der Raummitte wie ein Walgerippe angeordnet, und mit etlichen Regalen im Halbrund. „Wie beim Militär“, ruft jemand aus der Gruppe und greift sich wie alle anderen auch einen blauen Schneeoverall mit Silberstreifen, der ihm nach prüfendem Blick auf die Statur von jungen Leuten hinter einem Tresen gereicht wird. Dazu gibt es klobige Stiefel, Wollsocken, Handschuhe und Mütze.
Rund 10.000 solcher Winterverpackungen und ebenso viele Stiefel in verschiedenen Größen soll es hier zur Ausleihe geben für die Polarkreis-Touristen. Die kommen inzwischen aus aller Welt in die beschauliche finnische Provinzhauptstadt.
Eine Hütte für die Witwe
Das war nicht immer so. Als 1950 die Witwe des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt ihren Besuch in Rovaniemi ankündigte und den nördlichen Polarkreis überqueren wollte, gab es außer einem Schild und einer verwitterten Hütte nichts zu sehen. Nur Wildnis ringsum. Damals errichteten die Finnen in aller Eile ein vorzeigbares Gebäude extra wegen des prominenten Besuchs. Die „Roosevelt-Kammer“ steht noch heute. Dazu gekommen ist das heimelige und bei meinem Besuch verschneite Santa Claus Village. In dem hat der Weihnachtsmann seit den 80er Jahren seinen festen Wohnsitz. Und hier empfängt der Rauschebart an 365 Tage im Jahr Besuch. Pro Jahr sollen es an die 100.000 Touristen sein, die dem freundlichen Mann einen Besuch abstatten. Darunter sind viele Kinder. Denn wo sonst gibt es die Chance, dem Weihnachtsmann höchstpersönlich seine Wünsche zum Fest ins Ohr zu flüstern. Doch bevor auch ich meine Wunschliste loswerden kann, gibt es wie erwähnt ein abwechslungsreiches Aktivprogramm im winterweißen Freizeitpark.
Flitzer auf vier Pfoten
Beim ersten Event wird`s erst mal so richtig laut im ansonsten stillen Lappland. Die schon vor die Schlitten gespannten Huskys bellen und springen. Sie zerren an den Leinen und wollen nur eins: endlich losflitzen. Die Musher sind bereit, die Gäste auch. Erwartungsfroh sitzen sie auf den Schlitten. Und los geht´s! In Abständen starten die Gespanne. Die rasante Fahrt führt durch kurviges Gelände. Was den Tieren Spaß macht und den Gästen auch. Und mir ebenso. Das Tempo der Schlitten ist so schnell, dass die an der Strecke Stehenden Mühe haben, ein einigermaßen scharfes Erinnerungsfoto zu schießen. Das Licht ist ohnehin nicht wie gewohnt. Irgendwie wirkt alles so bläulich.
Nach der Schlittenfahrt ist erst mal eine kurze Pause angesagt. Dazu marschiert die Gruppe in eine zünftige Hütte. Bei heißem Beerensaft gibt es Informationen zur Husky-Farm in Rovaniemi. Auf der leben so um die 100 Sibirian Huskys. Jeder Hund hat einen Namen, aber keiner hört auf den, erzählt eine Farm-Mitarbeiterin. Sie weiß auch, dass es etwa ein Jahr Training braucht, bis ein Schlittenhund in einem Gespann mitlaufen kann. Was man alles so erfährt bei einem Trip zum Weihnachtsmann.
Blauer Lindwurm im Schnee
Während die Jüngsten in der Gästegruppe gleich Spaß beim Rodeln haben werden, steht für die Erwachsenen ein Ausflug mit dem Schneemobil auf dem Programm. Jeweils zwei Fahrer bilden ein Team. Sami Kampuri, der einen der drei Expeditionsbusse begleitet, erklärt noch ein paar wichtige Verständigungszeichen für unterwegs. Dann heißt es Helme auf und schon setzen sich die 19 Gefährte in Bewegung. Wie ein blauer Lindwurm knattert der Tross durch den Schnee. Es geht über Minibuckel und Eisflächen, durch kurze Straßentunnel und über Bachbrücken. Manche Fahrer lassen sich während des einstündigen Ausflugs hin und wieder kurz zurückfallen, um dann ordentlich Gas zu geben und die Lücke zum Vordermann wieder zu schließen. Das macht Spaß.
Diplom für Polarkreis-Querer
Großartig viel Zeit zum Verschnaufen nach dem Ritt auf dem Schneemobil bleibt nicht. Die schneeweißen Rentiere warten schon. Auch ich will eine Runde mit den Gehilfen des Weihnachtsmanns drehen, bevor sich die Sonne verkrümelt. Denn nur zweieinhalb Stunden ist es im Winter hell, hatte Sami im Bus erzählt. Der finnische Guide steht hinter der Absperrung und beobachtet, wie die Touristen die mit Fell ausgelegten Schlitten lenken. Als Lohn winkt jedem erfolgreichen Lenker ein Rentier-Führerschein. Auch ich bekomme ein Zertifikat. Klar freue ich mich riesig. Zugleich rätsle ich aber, wo ich denn in meiner Heimatstadt Halle mit einem Rentierschlitten rumkurven könnte.
Noch ein Diplom für alle gibt es später nach dem Überqueren des nördlichen Polarkreises. Im Sommer markiert ihn eine Linie auf dem Boden. Wenn hoher Schnee liegt, übernehmen Laternen den Part. Was eigentlich viel stimmungsvoller ist und echt gut zu Weihnachten und dem Trip zum Weihnachtsmann passt. Finde ich.
Santa vor der Weltkarte
Nachdem alle winterlichen Aktivitäten „abgearbeitet“ sind, kommt nun der Höhepunkt der Reise. Ich lerne endlich den Weihnachtsmann kennen. Mittlerweile ist des dunkel geworden und im Santa Claus Village leuchten die Weihnachtsbäume und die geschmückten Häuser. Im schönsten Holzgebäude residiert der weltberühmte alte Herr. Über einen geheimnisvollen Pfad, vorbei an einem riesigen, unheimlich knarrendes Pendel, steige ich die Treppe rauf. Und dann bin ich in der Kammer des Weihnachtsmanns. Irgendwie ist es hier genau so, wie ich mir das vorgestellt habe.
Vor einer riesigen Weltkarte sitzt der Liebling aller Kinder. Allerdings nicht in rotem Mantel, sondern in finnischer Tracht und mit klobigen Schuhen. Seine rote Zipfelmütze reicht bis zur Taille. Noch länger ist sein lockiger Weißbart. Neben Santas wuchtigem Stuhl steht ein Globus. Und darüber hängt ein Ungetüm von Telefon. Die Durchwahl müsste man wissen, dann könnte man persönlich seine Wünsche durchgeben.
Tiger will auch aufs Foto
Weil ich die Nummer nicht habe, nutze ich jetzt die Chance, ihm meine Wünsche zum Fest vorzutragen. Zum Glück muss ich nicht singen. Der Weihnachtsmann will wissen, wo ich wohne. Seine Augen blitzen hinter der Randlos-Brille, denn er weiß Bescheid. Schließlich hat er mir schon viele Jahre meine Festtagswünsche erfüllt. Schnell noch ein Beweisfoto mit dem Weihnachtsmann – mein Reisetiger drängt sich natürlich auch mit aufs Bild – und dann runter von der merkwürdigen Sitzgelegenheit mit den nach außen geschwungenen Beinen. Der nächste Besucher wartet schon auf eine Audienz.
Ab geht die Weihnachtspost
Zum Schluss zieht es mich noch ins Weihnachtspostamt. Es soll das einzige Postamt sein, das auf dem nördlichen Polarkreis liegt. Drin in der gemütlichen Hütte herrscht ganz schön Gewusel. Überall an den Tischen in dem weihnachtlich dekorierten Amtszimmer sitzen große und kleine Touristen, eingemummelt in ihre dicken Anoraks. Sie haben Weihnachtskarten gekauft und schreiben ihren Lieben. Das Besondere: Sie können bestimmen, wann die Grüße aus dem finnischen Weihnachtsdorf ankommen sollen; zeitnah oder erst zum Fest. Hübsche Elfen mit roten Zipfelmützen helfen beim Frankieren. Aufgeklebt wird eine eigene Weihnachtsbriefmarke und es gibt einen Poststempel vom Santas Post-Office.
Draußen ist es inzwischen stockdunkel. Und so richtig kalt. Bevor es zum Flieger geht, bleibt noch Zeit für einen Bummel durchs erleuchtete Weihnachtsmanndorf. Und natürlich überquere ich noch einmal die Polarlinie, die durchs Weihnachtsdorf verläuft. Und schon bin ich wieder im Polargebiet. Allerdings nur für ein paar Minuten. Dann bringt mich der Bus zum nahen Flughafen und der Flieger nach Hause, wo ich von meinem Trip zum Weihnachtsmann schwärmen werde.
Wer nicht auf einen Trip zum Weihnachtsmann nach Finnland gehen will, kann ihm trotzdem seine Wünsche mitteilen. Einfach einen Wunschzettel schicken an
Santa Claus
Santa Claus‘s Main Post Office
96930 Napapiiri
Finnland
Und dann warten auf Heiligabend.
Meine hier beschriebene eintägige Reise liegt schon etwas zurück. Mit einem Sonderflug ging es vom Airport Leipzig/Halle nonstop nach Rovaniemi. Das Programm wurde von einem Erfurter Veranstalter organisiert.
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