Seit 1984 gehören Rotterdams gelbe Kubushäuser zu den kultigsten Sehenswürdigkeiten der Hafenstadt. Entworfen hat die außergewöhnliche Wohnanlage der niederländische Architekt Piet Blom. So speziell wie die prägnanten Häuser, so ist auch das Wohnen darin.
Schrille Würfel auf Eck
Im Beitrag über die Rotterdamer Architektur hatte ich schon beschrieben, warum es mich in die zweitgrößte Stadt der Niederlande verschlug. Trotzdem möchte ich noch einmal auf den Auslöser meiner Reise eingehen.
Es war während meines Besuchs in Amsterdam. In einem Café kam ich mit einer jungen Frau am Nachbartisch ins Gespräch. Sie stammte aus Rotterdam. Und sie erzählte mir vom Witte Huis, dem ersten Wolkenkratzer Europas. Von einer tollen Markthalle, unter derem gewaltigen Dach Früchte aufgemalt sind. Jede so groß wie ein Kleinwagen. Meine Kaffeehaus-Bekanntschaft pries auch die futuristische Skyline an der Maas. Am interessantesten fand ich ihren Bericht über Rotterdams gelbe Kubushäuser. Das wollte ich mir alles anschauen. Vor allem aber diese schrillen gelben Wohnwürfel von Piet Blom. Der niederländische Architekt hat übrigens auch den unmittelbar dort angrenzenden Blaaktower kreiert. Und schaffte es mit diesen Gebäuden, die teils eine vielbefahrene Hauptstraße überspannen, eine der interessantesten Fußgängerbrücken weltweit zu installieren.
Ein halbes Jahr nach diesem Gespräch stand ich dann mitten in der spektakulären Wohnanlage. Die befindet sich im Oude-Haven-Gebiet im Stadtzentrum und ist der Öffentlichkeit zugänglich. Das Besondere an Rotterdams gelbe Kubushäusern: Sie sind um 45 Grad gedreht. Mit einer ihrer Spitzen ruhen sie jeweils auf einem Stützpfeiler. Der besteht aus Beton, ummantelt mit Holz.
Mit etwas Phantasie kann man Piet Bloms Absicht folgen. Er wollte, dass Rotterdams Kubushäuser auf den Betrachter wie ein abstrakter Wald wirken. Der Pfeiler zur vertikalen Erschließung des Gebäudes soll der Stamm sein. Der gelbe Wohnwürfel bildet die Krone. Um den Eindruck eines Waldes noch zu verstärken, sind die 51 Kuben in unterschiedlichen Höhen verschachtelt. Weil ja ein Wald eben auch nicht aus gleich hohen Bäumen besteht. Zugegeben, Bloms Absicht funktioniert. Jedenfalls bei mir.
Wohnen in schrägen Wänden
Nachdem ich die Baumhäuser von außen bewundert hatte, war ich natürlich neugierig, wie es drinnen aussieht. Wie mir, ging es früher offensichtlich auch anderen Touristen. Die wissbegierigen Heerscharen sollen ständig die Kubus-Bewohner befragt haben. Was denen wohl ziemlich auf die Nerven gegangen sein muss. Deshalb entstand die Idee, einen der 51 Würfel zum Museum umzuwidmen. Glück auch für mich. So wurde meine Neugier vor Ort befriedigt.
Schon beim Betreten dämmerte mir: Hier ist nichts so, wie ich es von anderen Wohnungen oder Häusern kenne. Senkrechte Wände? Fehlanzeige. In dem um 45 Grad gedrehten Kubus spielt sich das Leben in sechs schrägen Wänden ab. Was wahrscheinlich eine tägliche Herausforderung ist. Zumindest wäre es für mich so. Es beginnt bereits bei den Treppen. Sie sind echt schmal.Und reichlich steil. Da ergibt sich zwangsläufig die Frage: Wie kriegt man hier ein Sofa hoch? Oder einen riesigen Flat-Screen? Und dann das nächste Problem: Wo stellt man ihn überhaupt auf. Die Zimmer sind ziemlich klein. Bei einer Kubus-Kantentiefe von 7,5 Meter kein Wunder.
Schnell wurde mir klar: Das Einrichten und Wohnen in den gelben Eckenstehern ist mindestens genauso herausfordernd und kreativ wie Bloms Entwürfe. Allerdings ist mir noch immer nicht klar, wie die Bewohner Fenster putzen. Irgendwie hängen die Glas-Teile nach unten.
Die funktionale Einrichtung auf drei Etagen fand ich recht spannend. Aber wohnen möchte ich in einem Rotterdamer Kubushaus trotzdem nicht. Das ist mir dann doch zu schräg. Lies auch Rotterdams verrückte Architektur.
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