Das Atomium ist Brüssels Wahrzeichen. Die neun Glitzerkugeln bieten Betrachtern am Boden je nach Standort immer wieder neue Motive. Und wer mit dem Aufzug in Sekundenschnelle in die obere Kugel saust, kann von dort einen weiten Blick genießen. Auch auf Brüssels Schokoladenseiten.
Gold in Massen
Alles, was ich über Brüssel wusste, konnte ich bisher in drei Stichworten zusammenfassen: Atomium, Manneken Pis, EU-Hauptstadt. Okay: Brüsseler Spitzen kamen mir noch in den Sinn. Oder als Naschkatze natürlich Belgische Waffeln. Mit dieser Handvoll Charakteristika machte ich mich auf den Weg in die belgische Hauptstadt. Um Brüssels Schokoladenseiten zu entdecken. Dass ich da im Laufe der Urlaubswoche nicht an den legendären Pommes vorbei kam, ist klar. Aber dazu später.
Der kurze Weg vom Bahnhof zu meinem Hotel führte mich über den wohl angesagtesten Platz der Stadt – den Grand Place. Großer Platz dazu zu sagen, wird dem Ort jedoch nicht gerecht. Der Grand Place ist ein Ereignis, weil er einfach umwerfend ist. Zu jeder Tageszeit. Überall auf dem historischen Pflaster stehen, sitzen, liegen Menschen allen Alters. Sie machen Fotos oder genießen einfach nur die besondere Atmosphäre. Dazwischen bunte Stände und Kutschen. Doch das eigentlich Sehenswerte, das man als Gast auf dem Grote Markt kostenlos genießen kann, ist der Blick auf die prächtigen Gebäude. Prächtig: Das ist wirklich das richtige Wort für diesen Weltkulturerbe-Ort in der historischen Altstadt von Brüssel. So viel Gold auf einem Marktplatz habe ich bisher noch nicht gesehen. Diese überbordende Masse an Wappen, Symbolen, Statuen und Dekoren hat mich total umgehauen.
Stelldichein historischer Figuren
Nur mal so über den Platz zu huschen, ist also keine Option. Am besten, man sucht sich zunächst einen Ausgangspunkt und schickt von dort den Blick auf Wanderschaft über den auf vier Seiten umbauten Platz mit den einladenden Restaurants. Meine Wahl fiel auf das größte Gebäude auf dem Markt – das gotische Rathaus mit dem 96 Meter hohen Glockenturm. Die Brüsseler nennen es Hotel de Ville. 137 meisterlich herausgearbeitete historische Figuren schmücken auf zwei Etagen die sandsteinfarbene Fassade. Um alles in Augenschein zu nehmen, das braucht Zeit. Weil die vielen Details einfach zu schön sind.
Goldfunkelnde Zunfthäuser
Für mich faszinierend waren die üppig mit Gold, Figuren und Dekors geschmückten Zunfthäuser an der Nordwest- und der Nordostseite des Platzes. Auch hier hat das Auge gut zu tun, möglichst alle Details aufzunehmen. Die prachtvollen Häuser tragen Namen wie „Der Esel“, „Der Sack“, „Die Wölfin“, „Das Füllhorn“ oder „Der Pfau“. Auf der Südwestseite kann man sich an den Fassaden vom „Stern“, dem „Schwan“ und dem „Goldenen Baum“ erfreuen. Zu Brüssels Schokoladenseiten gehört zweifellos auch das Haus der Herzöge von Brabant auf der Südostseite des Grand Place.
Und abends führte mein Weg immer wieder auf den Grand Place, auf dem ich mit anderen Menschen diese besondere Atmosphäre genoss.
Neun Kugeln – ein Wahrzeichen
An meinem zweiten Tag zog des mich zum Atomium. Für Brüssel in etwa so bedeutsam, wie der Eiffelturm für Paris. Mit der Metro Linie 6 ist das 102 Meter hohe Wahrzeichen der Stadt gut zu erreichen. Von der Haltestelle Heysel sind es vielleicht 10 Minuten Fußweg bis zum einstigen Highlight der Weltausstellung von 1958. Die beliebte Sehenswürdigkeit wirkt aus der Ferne gar nicht so groß. Erst wenn man davor bzw. darunter steht, da bekommt man Respekt.
Die Kugeln sind 18 Meter im Durchmesser. Sie beherbergen ein Restaurant und eine Dauerausstellung. In den schrägen Rohren – alles mutet sehr futuristisch an – führen Rolltreppen und Stufen zu den nächsten Kugeln.
Fotografisch kann man sich am Fuße des Brüsseler Wahrzeichens echt austoben, denn man entdeckt je nach Standort immer wieder neue Motive.
Und zum Abschluss kommt dann noch das Gerangel vor dem Eingang um die Buchstaben am Welcome-Schriftzug. Das gemütliche Plätzchen auf dem L hat mir genügt, während andere auf dem W balancierten.
Kunst im Untergrund
Apropos Metro. Mit ihr kommt man in Brüssel nicht nur schnell von A nach B, sondern kann in verschiedenen Stationen auch Kunst im Untergrund bewundern. Ich habe die Installationen und Bilder sehr genossen, weil sie die grauen Orte bunt und interessant machen.
Bunter Comic-Walk
Und weil wir gerade bei Kunst sind: Viele Museen wie etwa das Design-Museum ADAM nahe dem Atomium locken den Brüssel-Besucher. Doch auch gratis gibt es viel zu schauen. Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass zu Brüssels Schokoladenseiten die Comic-Fassaden gehören. Etwa 50 dieser wandfüllenden Gemälde soll es in der belgischen Hauptstadt geben. Tendenz steigend.
Die erste Comic-Wand wurde übrigens 1991 gestaltet. Sie zeigt den Blondschopf Broussaille, der mit Freundin hoch über den Köpfen durch Brüssel schlendert (Bild 17). In der Rue du Marché au Charbon begegnet der Passant an einer schmalen Hauswand dem smarten Spion Victor Sackville in weiblicher Begleitung (Bild 16). Im Gässchen Bijstandsstraat hängt Rick Master mit einer Hand an der Dachrinne. Er hangelt sich zur hübschen Nadine am offenen Fenster, die von einem Eindringling bedroht wird. Auch Kommissar Bourdon ist an der Haustür schon zur Stelle (Bild 2). An einer schmalen Hausecke in der Eikstraat kann man in die fröhlich-bunte Welt von Oliver und Columbine eintauchen (Bild 3).
Fans der Geschichten des „Kleinen Albert“ von Zeichner Yves Chaland können sich in der Cellebroersstraat am Bubenstreich ihres Comic-Helden erfreuen (Bild 6). Grund, kurz zu verweilen gibt es auch unweit vom Manneken Pis in der Rue de I´Étuve. Hier sind die Comic-Helden Tim, Kapitän Haddock und Struppi vom belgischen Zeichner Hergé auf einer Eisentreppe zu sehen (Bild 7).
Den Comic-Walk kann man auf eigene Faust unternehmen. Er wird aber auch als touristische Route angeboten. Ich war solo unterwegs, weil ich mir so Zeit zum Fotografieren lassen und unterwegs auch noch anderes Sehenswertes entdecken konnte.
Brüssels berühmter Mann
Der Knabe ist 61 Zentimeter groß und aus Bronze. Er hat Klamotten ohne Ende, die er nach Anlass wechselt. Er hat einen starken Harndrang. Und er ist Brüssels berühmteste Person. Die Rede ist vom Manneken Pis. Das erste Mal begegnete ich dem urinierenden Burschen überlebensgroß und bunt auf eine Fassade gemalt. Da sah er ganz nett aus. Den Bronze-Pinkler fand ich dann weniger spektakulär. Ich gebe zu, dass ich den Manneken in seiner Nische über dem Brunnen beinahe übersehen hätte. Vielleicht lag es auch an der gewaltigen Menschentraube, die sich davor versammelt hatte. Zum Gucken und zum Posen fürs Erinnerungsfoto.
Üppige Garderobe im Museum
Dabei wissen die Wenigsten der Brüssel-Besucher, dass Manneken nur eine Nachbildung ist. Weil die berühmte Figur in der Vergangenheit immer mal wieder gestohlen wurde, entschied sich die Stadtverwaltung, eine Kopie in der Nische aufzustellen. Wer einen Blick auf den echten Manneken werfen will, kann das im Maison du Roi (Haus des Königs) auf dem Grand Place. Hier ist auch die üppige Garderobe der Berühmtheit ausgestellt. Ansonsten begegnet man den Nachbildungen des kleinen Pinklers an vielen Ecken in der Stadt. Sogar aus Schokolade nimmt Manneken Pis zumindest die Naschkatzen für sich ein.
Wer nicht rumirren will wie ich, der findet den kleinen Pullermann an der Ecke Rue de I´Étuve/Rue du Chêne.
Wenn der Magen knurrt
Wer durch Brüssel schlendert, wird irgendwann einmal hungrig. Obwohl: Aufs Magenknurren habe ich bei meinem Trip nie gewartet. Denn die Versuchung lauert in der City buchstäblich an jeder Ecke. Belgische Waffeln hier, die legendären und wirklich leckeren Pommes dort. Dazu die süchtig machenden Pralinen und Petit Fours. Das Speisenangebot und die vielen Restaurants gehören für mich ohne Zweifel zu Brüssels Schokoladenseiten. Besonders originell fand ich ein Restaurant, an dessen einer Wand Koffer bis an die Decke gestapelt waren. Es heißt Le Cercle des Voyageurs. Zu finden ist die Lokalität in der Rue des Grands Carmes.
Luxus unter Glas
Sehr schön anzuschauen ist die Passage Galeries Royales Saint-Hubert. Unter dem Glasdach versammeln sich in der 200 Meter langen Galerie Edel-Boutiquen, feine Cafés und Juweliere. Und man kann sich mit Pralinen eindecken.
Kirchen scheint es in Brüssel wie Sand am Meer zu geben. Reinzuschauen lohnt allemal. Oder wenigstens kurz anzuhalten und sich die Gotteshäuser von außen zu betrachten. Sehenswert ist beispielsweise auch die Wallfahrtskirche Notre-Dame du Sablon. Danach kann man im Place du Petit Sablon, einem kleinen Park, verschnaufen. Und sich anschließend die 48 Bronzestatuen, die auf gotischen Säulen stehen und den Park umgeben, anschauen. Sie verkörpern verschiedene Handwerksgilden aus dem 16. Jahrhundert.
Brüssels Jugendstil
Auch Jugendstil-Fans kommen in Brüssel auf ihre Kosten. Es gibt eine Vielzahl Gebäude aus dieser Architektur-Epoche zu bestaunen. Am Kunstberg etwa fällt schon von weitem die großzügig verglaste Jugendstil-Fassade des einstigen Kaufhauses Old England auf. In dem sehenswerten Gebäude ist heute das Musikinstrumente-Museum untergebracht. Auch die klassizistischen Bauten in der Nachbarschaft lohnen einen Blick. Ein Muss ist der Besuch des Musée Horta. Seit der Jahrtausendwende zählt das Wohnhaus und Atelier des belgischen Jugendstil-Architekten Victor Horta in der Rue Américaine 25 zum Weltkuturerbe. Hortas Handschrift kann man an vielen Orten Brüssels entdecken. Ein Bespiel ist das Comic-Museum in der Rue des Sables – ohne Zweifel ein Highlight der Jugendstil-Architektur. Und ich zähle es ebenfalls zu Brüssels Schokoladenseiten.
Königliche Bleibe
Den imposanten Königlichen Palast von Brüssel konnte ich mir leider nur von außen anschauen. Königs waren gerade Zuhause. Also kein Zutritt für Besucher.
Recht und Gesetz
Eines der beeindruckendsten Bauwerke Brüssels ist der Justizpalast am Übergang von der Ober- in die Unterstadt. Betreten darf der Besucher das Monstrum durch den Haupteingang auf dem Place Poelaert. Nach Passieren einer Sicherheitskontrolle kann man sich problemlos alles anschauen und die überproportionierte Gestaltung auf sich wirken lassen. Mir war das Ganze etwas zu viel. Ich flüchtete in einen naheliegenden Park und genoss das Grün.
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