
Festlich mit Gehrock und Zylinder ausstaffiert machen sich die Osterreiter von Bautzen am Morgen des Ostersonntags auf den Weg nach Radibor. Hoch zu Roß verkünden sie singend in den Ortschaften ringsum die Botschaft von der Auferstehung Christi. Nach mehrstündiger Prozession kehrt der Tross am Nachmittag zurück nach Bautzen. Am Dom, wo die Reiter gestartet sind, erwarten sie ein Dankgottesdienst und ein Meer von Zuschauern.
Wahrzeichen der Stadt
Rechtzeitiges Kommen sichert die besten Plätze. Das hoffe ich, als ich mich auf den Weg mache von meinem Hotel zur nahen Friedensbrücke. Die zeigt sich tatsächlich noch ziemlich verwaist. Nur vereinzelt stehen Grüppchen auf der für den Fahrzeugverkehr bereits gesperrten 181 Meter langen Steinbogenbrücke. Ich kann mir also aussuchen, wo ich mich postiere, um die Osterreiter von Bautzen am besten zu sehen.
Ich entscheide mich für einen Platz gegenüber der Alten Wasserkunst. Das Bauwerk mit dem robusten Turm grüßt von der gegenüberliegenden Seite. Einst diente es der Wasserversorgung Bautzens. Heute ist es das Wahrzeichen der sächsischen Stadt. Gern fotografiert von den Touristen. Klar, dass auch ich ein paar Fotos mache von dem imposanten Ensemble, zu dem die Michaeliskirche gehört. Deren Glocken läuten gerade die 10. Stunde des Ostersonntags ein. Noch etwa eine halbe Stunde ist Zeit, bis die mehr als 50 Osterreiter von Bautzen über die Brücke kommen und die Botschaft von der Auferstehung Christi ins Bautzener Land tragen.

Start am Dom
Doch erst einmal ziehen kleine Reiter-Grüppchen, die von der entgegengesetzten Seite kommen, meine Aufmerksamkeit auf sich. Es sind Berittene auf dem Weg in der Altstadt. Genauer gesagt zum Dom St. Petri auf dem Fischmarkt, wo sich die Teilnehmer des Traditionszugs sammeln, an einem Gottesdienst teilnehmen und gesegnet werden. Danach starten die Osterreiter von Bautzen. Von der Zeremonie bekomme ich allerdings nichts mit, weil ich ja auf der Friedensbrücke warte.
Jahrhunderte alter Brauch
Die feierliche Oster-Prozession, das sei an dieser Stelle erwähnt, ist ein Jahrhunderte altes christliches Ritual. Und wird auch andernorts als sorbischer Brauch gepflegt. Rund 1.500 Reiter sollen jedes Jahr in verschiedenen Prozessionen in der Region zwischen Kamenz, Hoyerswerda und Bautzen am Ostersonntag unterwegs sein. Dabei ziehen die sorbischen Reiter in die benachbarten Ortschaften, um hier singend die Auferstehung von Jesus Christus zu verkünden. Übrigens mit rund 300 Teilnehmern ist der Zug der Wittichenauer Osterreiter nicht nur die größte Prozession. Die Teilnehmer haben auch die längste Strecke zu bewältigen.

Herausgeputzte Pferde
Festlich gekleidet, mit Gehrock und Zylinder, oftmals mit weißen Handschuhen, sitzen die Osterreiter von Bautzen kerzengrade in den Sätteln. Auch die Pferde sind dem Anlass entsprechend herausgeputzt – mit grazil geflochtenen Mähnen, frischen Blumen am Zaumzeug oder einem Kreuz auf dem Sattel. An den Schweifen sind bestickte Schleife befestigt. Zugegeben, Ross und Reiter sind schon eine Augenweide. Zumal in so großer Zahl, wie ich gleich sehen werde.



Warten auf der Brücke
Gegen 10.30 Uhr setzen sich die Osterreiter von Bautzen in Bewegung. Die mehrstündige Prozession vom Dom aus ins Umland beginnt. Die kilometerlange Wegstrecke säumen hunderte Schaulustige. Auch auf der Friedensbrücke, wo die geduldig Wartenden immer wieder ihre Blicke Richtung Altstadt lenken. Und darauf hoffen, dass der feierliche Tross bald auftaucht.

Hoch zu Ross mit Fahnen
Plötzlich kommt Bewegung in die Menge links und rechts auf der Brücke. Handys werden gezückt und Kameras. Eltern heben ihre Kinder auf die Schultern, damit die Kleinsten einen guten Blick auf den Reiterzug haben. Denn endlich sind sie zu sehen, die Osterreiter von Bautzen. Im Schritttempo kommen sie näher. Die ersten beiden Reiter an der Spitze des festlichen Zugs tragen rote Fahnen mit christlichen Motiven. Dahinter erkenne ich Statuen des Gekreuzigten und des Auferstandenen. Und ich höre Gesang. „Das ist Sorbisch und Latein“, erklärt ein neben mir stehender Opa seinem Enkel. Der schaut gebannt auf die Männer hoch zu Ross, von denen etliche ein kleines Gesangsbuch in der weiß behandschuhten Hand haben. Die andere hält die Zügel.
Immer zwei nebeneinander passieren die Osterreiter von Bautzen singend und Gebete sprechend die Friedensbrücke und verlassen die Stadt. Ihr Ziel ist die Liebfrauenkirche in Radibor und die Ortschaften dazwischen. Am Nachmittag wird der Zug zurückkehren, den Dom umrunden und am Dankgottesdienst teilnehmen. Die Stunden bis dahin werde ich nutzen und durch die Altstadt bummeln.








Sorbische Trachten
Wer sich in Bautzen langweilt, ist selber schuld. Es gibt viel zu sehen in der Stadt der Türme. Die Zeit bis zur Rückkehr der Osterreiter nutze ich für einen Besuch des Sorbischen Museums. Hier wird unter anderem eine Vielzahl sorbischer Trachten präsentiert. Und die sind mit ihren Stickereien und Verzierungen wirklich ein Hingucker. Im Museum haben sich anlässlich des Osterfestes auch einige Kunsthandwerker versammelt, die mit speziellen Techniken die schönsten Ostereier kreieren. Der Absatz der kleinen Kunstwerke floriert. Denn fast jeder der Umstehenden möchte wenigstens ein solch hübsches Ei mit nach Hause nehmen.






Exotische Senf-Kreationen
Ein Muss für Touristen ist der Besuch des Bautzener Senfladens. Hier kann man auch am Ostersonntag jenes Produkt kaufen, wofür die sächsische Stadt bekannt ist. Von Senf ist die Rede. Ich staune, wie viele mir bisher unbekannten Variationen im Angebot sind. Ein Paradies für Freude der pikanten Speisewürze. Einige der exotischsten Senf-Kreationen wandern denn auch in meinen Einkaufsbeutel.
Über dem geräumigen Geschäft erwartet in der darüber liegenden Etage die Bautzener Senfstube Gäste. Mich im Restaurant bewirten zu lassen, dafür fehlt mir allerdings die Zeit. Denn die Osterreiter aus Bautzen müssen gleich zurückkehren.



Meer von Zuschauern
Das Areal vor dem Dom ist inzwischen proppenvoll. Noch einen Platz mit guter Sicht auf den Zug zu bekommen, ist beinahe unmöglich. Dafür muss ich diesmal allerdings nur kurz warten. Denn sie sind zurück von ihrer Mission, die Osterreiter von Bautzen. Singend vom Pferderücken verkünden sie noch einmal die Osterbotschaft.




Ritt ins Gestüt
Am später Nachmittag ist die Prozession beendet. Die Zuschauermassen zerstreuen sich. In kleinen Gruppen lenken die Osterreiter von Bautzen jetzt ihre Pferde in die heimischen Gestüte. Noch immer sitzen die Männer aufrecht in den Sätteln. Aber ich kann mir vorstellen, dass so mancher froh ist, wenn er wieder vom Pferd steigen kann. Und auch die Pferde werden wohl dankbar sein für die Ruhe.




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